Die diesjährige Preisträgerin des Förderpreises für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen ist die Französin Dr. Héloïse Koehler. Die Preisverleihung findet am Donnerstag, dem 3. Februar, um 11:15 Uhr in den Fürstenzimmern auf Schloss Hohentübingen statt. Die Preisträgerin wird einen Vortrag unter dem Titel »Behavior and technological identityduring the Middle Palaeolithic: an issue of scale of analysis? Example in the Paris Basin during the early Weichselian (-100 000/- 80 000 BP)« halten.
Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird in diesem Jahr zum 13. Mal verliehen. Es ist der höchst dotierte jährlich vergebene Preis dieser Art für Archäologen.
Dr. Héloïse Koehler erhält den vom Getränkehersteller EiszeitQuell gestifteten Preis für ihre Dissertation. Diese beschäftigt sich mit dem Mittelpaläolithikum, das in Europa vor mindestens 200.000 Jahren beginnt, vor etwa 35.000 Jahren endet und im Allgemeinen mit dem Neandertaler in Verbindung gebracht wird. Eine der kontroversesten Diskussionen der Älteren Urgeschichte dreht sich um die Frage, inwieweit der Neandertaler dem modernen Menschen ähnelt. Genetische Untersuchungen haben hier zuletzt nahe gelegt, dass in uns allen ein kleines Stück Neandertaler steckt. Eine erste und überraschende Erkenntnis der Dissertation Koehlers liegt in der Beobachtung, dass die bislang das Fach dominierenden Lehrmeinungen zur Definition und Abgrenzung unterschiedlicher Einteilung der materiellen Kultur, wie beispielsweise Werkzeuge oder Geräte, auf unterschiedliche angewendete Analysemethoden zurückgeführt werden können. In ihrer eigenen Arbeit bei der von ihr analysierten mittelpaläolithischen Inventare fiel Héloïse Koehler auf, dass die Zuweisung eines Inventars zu einer bestimmten Raum-Zeit-Einheit von den angewendeten Analysekriterien und vor allem dem wissenschaftlichen Maßstab abhängt, nach dem die Recherchen durchgeführt werden. Dafür untersuchte sie Inventare der Neandertaler aus dem Pariser Becken. Ergebnis dieser Untersuchungen war, dass Ähnlichkeit und Unterschied von Objekten auch von der archäologischen Bestimmungsmethodik abhängig sind, woraus letztlich eine nur bedingte Vergleichbarkeit mit unterschiedlichen Methoden erzielter Ergebnisse resultiert. Die Arbeit der Preisträgerin regt damit zum Nachdenken über die Gültigkeit bislang vorgenommener Kategorisierungen angeblich unterschiedlicher Neandertalerkulturen an.