Um die Zusammenarbeit zwischen dem Landesmuseum für Vorgeschichte und dem British Museum zu besiegeln, wurde am 21. Oktober ein Kooperationsvertrag unterschrieben. Für das British Museum unterzeichnete der stellvertretende Direktor Dr. Jonathan Williams, für das Landesmuseum Prof. Dr. Harald Meller und für das Land Sachsen-Anhalt der Staatssekretär für Kultur Dr. Gunnar Schellenberger den Vertrag. Für alle Kooperationspartner ist das ein großer Gewinn, denn so werden nicht nur in Halle die Preziosen aus dem British Museum zu bewundern sein, sondern auch die Himmelsscheibe von Nebra – ausnahmsweise – im Original in London.
»Die Himmelsscheibe von Nebra und das Ringheiligtum von Pömmelte gehören heute zu den wichtigsten kulturtouristischen Anziehungspunkten des Landes«, so der Staatssekretär für Kultur Dr. Gunnar Schellenberger. »Die Sonderausstellungen in Kooperation mit dem British Museum sind daher von umso größerer Bedeutung, denn sie ermöglichen es, eine außergewöhnliche und einzigartige Bandbreite an Originalfunden an beiden Standorten zu präsentieren, was wiederum positive Anstöße für die kulturtouristischen Entwicklung des Landes liefert. Darüber hinaus wird die Ausleihe des Originals der Himmelsscheibe von Nebra nach London auch ein neues Publikum aus Großbritannien nach Sachsen-Anhalt locken«.
Hocherfreut über das Zustandekommen der Kooperation zeigt sich auch der stellvertretende Direktor des British Museum Dr. Jonathan Williams: »Es ist eine besondere Ehre, die originale Himmelsscheibe von Nebra im British Museum ausstellen zu können. Sie und andere hochkarätige Funde aus dem Landesmuseum bereichern die Ausstellung in London enorm. Daher ist es dem British Museum eine Freude, auch seine Schatzkammern zu öffnen und ausgewählte Exponate nach Halle auszuleihen; schließlich geht es beiden Häusern um ein gemeinsames Ziel: eine glanzvolle Ausstellung, die an beiden Standorten zahlreiche Besucher in ihren Bann ziehen soll«.
»Seit der Entdeckung und der Sicherstellung der Himmelsscheibe von Nebra im Jahr 2002 wurden zahlreiche Forschungsinitiativen und Projekte zur mitteleuropäischen Frühbronzezeit durchgeführt. Dank der interdisziplinären Forschung und dem großen Engagement zahlreicher nationaler und internationaler Wissenschaftler war es möglich, das Bild einer komplexen Gesellschaft der Frühbronzezeit – der Zeit der Himmelsscheibe – zu zeichnen, von der bisher niemand ahnte, welche erstaunliche Kultur im Herzen Europas da blühte. Das Ergebnis von 20 Jahren Forschung gipfelt nun in dieser Sonderausstellung«, so Harald Meller.
Bisher standen vor allem die prachtvollen Gräber von Leubingen (Ldkr. Sömmerda) und Helmsdorf (Ldkr. Mansfeld-Südharz) im Vordergrund der Forschungen zur Aunjetitzer Kultur (2300 bis 1550 v. Chr.). Seit der Entdeckung und Untersuchung des Bornhöck (Ldkr. Saalekreis) ist nun ein weiteres – mit 65 m Durchmesser der größte bronzezeitliche Grabhügel Mitteleuropas – Prachtgrab in den Fokus gerückt und ermöglicht uns ein umfassendes Verständnis für die zentrale Organisation der Herrschaft während der Spätphase der Aunjetitzer Kultur. War hier der Herr der Himmelsscheibe bestattet?
Solche Fragen, aber auch die Grundlagenforschung zu den Materialien, aus denen die Himmelsscheibe von Nebra hergestellt wurde, werden in der Sonderausstellung thematisiert. Kupfer, Zinn und Gold der Himmelsscheibe lassen auf ein weiträumiges Austauschnetz Gleichgesinnter schließen. Die Suche nach dem Ursprung und dem Weg des astronomischen Wissens, das auf der Himmelsscheibe verschlüsselt ist, führt über das Mittelmeer bis nach Mesopotamien und Ägypten. Anhand bekannter und neuer Funde (wie beispielsweise blauer Glasperlen aus Esperstedt, Ldkr. Saalekreis) sollen diese Netzwerke in der Ausstellung herausgearbeitet und dargestellt werden.
Nicht außer Acht gelassen werden auch die herausragenden Funde und Befunde vom Ende der Steinzeit. Bahnbrechende genetische Forschungen eröffnen uns heute ein neues Bild der Gesellschaften an der Wende zur Bronzezeit. Wie nie zuvor ist es möglich, alte Knochen zum Sprechen zu bringen. So konnte festgestellt werden, dass im 3. Jahrtausend v. Chr. im heutigen Sachsen-Anhalt zwei Bevölkerungsgruppen, die der Glockenbecherleute und die der Schnurkeramiker, nebeneinander lebten. Sie waren genetisch verschieden und sprachen wohl auch unterschiedliche Sprachen. Bei einer solchen Konstellation verdrängt normalerweise die eine Gruppe die andere. Nicht in diesem Fall: Beide gehen in der Bevölkerungsgruppe der Aunjetziter Kultur auf, die schließlich die Himmelsscheibe von Nebra hervorbrachte. In der Ausstellung wird diese Entwicklung mit aufsehenerregenden Funden von Pömmelte, das enge Parallelen zu Stonehenge aufweist, illustriert werden.
Mit der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung sind nun alle Wege für die Umsetzung der Sonderausstellung frei. Ab dem 20. November 2020 können sich die Besucherinnen und Besucher auf eine spannende Entdeckungsreise in die »Welt der Himmelsschreibe von Nebra« begeben und ab Juni 2021 in London die Reise vollenden.