Über 2.000 Steinartefakte entdeckten Archäologen nahe des Ortes Plakias an der Südküste Kretas. Dies ist nun an sich nicht so erstaunlich, bemerkenswert ist das Alter der Funde, die von dem Team um die griechische Archäologin Eleni Panagopoulou und ihrem US-Kollegen Thomas F. Strasser freigelegt wurden. Typologisch werden diese in den letzten zwei Jahren entdeckten Funde - Faustkeile und Schaber - zu der sogenannten Acheuléen-Kultur gezählt. Mit der Acheuléen-Kultur bezeichnet man eine charakteristische Herstellungsart von Steinartefakten, die vor 150.000 bis 1,5 Millionen Jahren von Afrika bis Europa verbreitet sind und dem Homo erectus zugeschrieben werden. Die Funde aus Kreta sind mindestens 130.000 Jahre alt, wie die geologische Datierung der Fundschicht ergab.
Da Kreta aber nun schon seit fünf Millionen Jahren eine Insel ist, müssen die Hersteller der Objekte in der Lage und vor allem Willens gewesen sein mit Booten größere Strecken auf dem Meer zurückzulegen. Dieser Umstand rüttelt nun ganz ordentlich an der bislang herrschenden Meinung in der Wissenschaftsgemeinde, denn diese Fähigkeit wurde/wird erst dem Homo sapiens zugesprochen. Wahrscheinlich sind diese frühsten Siedler Kretas nicht direkt von Lybien (200 km) auf die Insel gelangt. Vielmehr dürfte der Weg eher via Insel-Hopping vom griechischen oder türkischen Festland aus erfolgt sein.
Die Geschichte muss durch diese neuen Forschungsergebnisse aus Kreta nicht umgeschrieben werden, aber für die Besiedlung Europas durch den Homo erectus ergeben sich neue Möglichkeiten. Mit dem bisherigen Wissen war nur die Route über die Levante, die Türkei, Griechenland oder die Balkanregion möglich, jetzt ist es durchaus eine Überlegung wert, dass der Homo erectus die Meerenge von Gibraltar in Angriff genommen und so die iberische Halbinsel erreicht hat.