Der archäologische Umgang mit den Hinterlassenschaften der jüngsten Jahrhunderte ist ein Thema, das nicht nur die Archäologinnen und Archäologen im Rheinland beschäftigt. Auch in ganz Europa gewinnt die Archäologie der Moderne immer mehr an Bedeutung. Aus diesem Grund widmet sich die diesjährige Tagung des europäischen Dachverbandes der amtlichen Bodendenkmalpflege, das Europae Archaeologiae Consilium (EAC), genau dieser Thematik. Gastgeber ist diesmal der Verband der Landesarchäologien in der Bundesrepublik Deutschland (VLA), in dessen Namen das Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR-ABR) das Treffen derzeit vom 22. bis 25. März im LVR-LandesMuseum Bonn ausrichtet.
Die archäologischen Spuren des 18. bis 20. Jahrhunderts beschäftigen die Bodendenkmalpflege nicht ohne Grund: »Funde aus dieser Zeit können einen besonderen Informationswert haben und ihre schiere Dichte ist eine Herausforderung für die archäologische Denkmalpflege. Drei Themen stehen daher im Mittelpunkt unserer Tagung: archäologische Zeugnisse der industriellen und städtischen Entwicklung, Überreste von Kriegen und Terror sowie Massenproduktion und deren Erzeugnisse aus – für die Archäologie – neuen Materialien«, erläutert Ann Degraeve, Präsidentin des EAC, die zentralen Inhalte der Fachtagung.
»Die Gegenwart ist die Vergangenheit von morgen«, führt Michael Rind an, Vorsitzender des VLA, »deshalb beschränkt sich die Archäologie nicht nur auf sehr lange zurückliegende Zeiten. Der Beitrag der Archäologie der Moderne durch professionelle Ausgrabungen und deren Dokumentation ist nicht zu unterschätzen. Durch moderne Grabungstechnik leistet sie ihren Beitrag zu möglichst objektiver Einschätzung von auch nicht allzu lange zurückliegenden Sachverhalten.« Das Spektrum reiche dabei von Relikten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg über Industriearchäologie bis hin zu Eventplätzen der Rockkultur. Damit rücke die Archäologie der Moderne manche historische Überlieferung in ein neues Licht.
Auch das Rheinland hat zahlreiche Spuren aus Neuzeit und Moderne. Es verwundere daher nicht, dass das LVR-ABR bereits vor über 40 Jahren mit der Erfassung von Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs begann, wie Landesarchäologe Erich Claßen erklärt. »Immer verstärkter müssen wir uns regelmäßig mit der Dokumentation von neuzeitlichen Befunden und Funden im Rahmen von Baumaßnahmen befassen, wie etwa 2020, als in Zülpich jüdische Gebetbücher geborgen wurden oder 2019, als wir in Düren-Lendersdorf mit dem Eberhardshammer ein Denkmal der Eisenindustrie an der Rur untersucht haben.«
Die Archäologie der Moderne wird zunehmend eine Rolle spielen. Der Austausch auf europäischer Ebene ist daher von besonderer Wichtigkeit und wird auf viele Fragestellungen und Herausforderungen Antworten liefern.