Erst um die Zeitenwende, mit steigendem Expansionsbestreben des römischen Reiches, treten die Germanen ins Licht der Geschichte. Der Titel »Die Erfindung der Germanen« spielt auf die Fremdbezeichnung durch römische Geschichtsschreiber an – denn die heterogene Bevölkerung östlich der Rheingrenze, die aus zahlreichen Stämmen und Unterstämmen bestand, verfügte weder über eine eigene Schriftsprache noch kannte sie selbst einen derartigen Überbegriff oder verstand sich als ethnische Einheit.
Ein Ziel der Politik des ersten römischen Kaisers Augustus (reg. 27 v. Chr.–14 n. Chr.) war es, das römische Reich bis an die Elbe auszudehnen; dieses Vorhaben wurde jedoch durch die Niederlage dreier römischer Legionen in der Varusschlacht 9 n. Chr. aufgegeben. In der Folgezeit entwickelten sich jedoch vielgestaltige Kontakte zwischen Römern und Germanen, die von einzelnen kriegerischen Auseinandersetzungen, friedlichen Handelsbeziehungen bis zu Bündnispartnerschaften reichten.
Um den Besuchern das Spannungsverhältnis zwischen der römischen und der germanischen Welt vor Augen zu führen, wurde der Ausstellungsraum als ein römisches Studierzimmer inszeniert. Der Betrachter soll sich so aus dem fremden, römischen Blickwinkel den germanischen Hinterlassenschaften nähern. In einem aufwändigen Verfahren wurde der Raum nach dem Vorbild pompejanischer Wandmalereien ausgestaltet. Dafür wurde die speziell auf Wandmalerei spezialisierte Firma Bruno Fromm aus Parsberg beauftragt, die sich gemeinsam mit einer Gruppe von Künstlern und Restauratoren der anspruchsvollen Aufgabe stellte, den Eindruck einer erst kürzlich entdeckten römischen Villa zu erwecken. Weitere Besonderheiten der Gestaltung sind eigens für die Ausstellung angefertigte Bronzegüsse, darunter Schubladenknäufe in Form von Germanenköpfen – als Vorlage diente der Kessel aus dem Königsgrab von Mušov in Mähren. Weiterhin ist der Abguss einer Originalbüste des Drusus (38 – 9 v. Chr.), der auf einer Expedition in die innergermanischen Gebiete tödlich verunglückte, ausgestellt. Der Überlieferung zufolge hatte eine Riesin ihm an der Saale seinen baldigen Tod prophezeit.
Auf einer Präsentationsfläche von etwa 160 m² werden mehr als 260 ausgewählte und aussagefähige Fundkomplexe präsentiert, die das Spannungsfeld zwischen beiden Welten illustrieren. So können um die Zeitenwende geprägte Münzen, die meist als Einzelfunde auf uns gekommen sind, als Niederschlag von Vorstößen römischer Truppen unter den Heerführern Tiberius und Drusus, den Stiefsöhnen des Augustus, bis an Elbe und Saale gewertet werden. Eine wichtige Quelle zur Rekonstruktion der Lebensumstände in der Germania libera stellen zweifelsohne Gräber dar. In den ersten beiden Jahrhunderten wurde bei den Elbgermanen mit wenigen Ausnahmen die Brandbestattungssitte geübt, wobei die Beigaben häufig mitverbrannt und durch das Scheiterhaufenfeuer in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die Grabinventare vermitteln den Eindruck einer stark stratifizierten, kriegerisch geprägten Gesellschaft, die auf einem Gefolgschaftswesen aufgebaut war. Für die in Mitteldeutschland ansässigen Germanen ist erstmals im Jahr 3 v. Chr. der Stammesname Hermunduren überliefert. Die ethnische Zusammengehörigkeit drückten die Angehörigen u.a. durch einheitliche Grabgefäße aus.
Typisch männliche Inventare bilden Waffen wie Schwerter, Schilde, Lanzen und Speere, etwa aus den Gräberfeldern von Schkopau, Quetzdölsdorf und Bornitz. Geschlechtsspezifische Beigaben von Frauen bestanden vor allem in Schmuckobjekten wie Ketten, Anhängern oder Nadeln. Gefäße aus Bronze oder Keramik, Fibeln (Gewandspangen), Kämme und Werkzeuge/Geräte fanden sich in Bestattungen beiderlei Geschlechts.
Die Oberschicht setzte sich von der übrigen Bevölkerung vor allem durch Importgegenstände aus dem römischen Reich ab. Zu den begehrten Luxusgütern aus dem Imperium gehörten vor allem Bronze-, Keramik- und Glasgefäße, wie die Rippenschale aus Weißenfels, aber auch Schmuckgegenstände. Römische Bronzekessel, Siebe und Kasserollen sprechen auch für die Übernahme römischer Sitten durch die Spitze der germanischen Gesellschaft und für rege Handelsbeziehungen über die Reichsgrenzen hinweg.
Kernexponate des neuen Abschnitts der Dauerausstellung sind die Funde aus dem Urnengrab einer hochgestellten Frau, das mit weiteren 600 Bestattungen im Tagebau Profen entdeckt und in der Restaurierungswerkstatt des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie untersucht wurde. Die sterblichen Überreste der um die Mitte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts im Alter von 30 bis 40 Jahren verstorbenen Frau waren zusammen mit prunkvollen Beigaben aus Gold und Silber in einem römischen Bronzekessel Trachtbestandteile weisen auf eine fremde Herkunft der Frau aus dem Gebiet der Westkarpaten hin, etwa 450 km von ihrem Bestattungs platz entfernt. Die Menge und Qualität des Inventars lässt in der Bestatteten eine Angehörige des quadischen Königshauses vermuten. Möglicherweise kam sie im Zuge einer Heiratsallianz nach Mitteldeutschland – vermutlich um ein für diese Zeit belegtes Bündnis zwischen den Stämmen der Hermunduren und Quaden zu festigen. Dieser Abschnitt der Ausstellung endet mit der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert und gewährt einen Ausblick auf die Folgeentwicklung.