»Der Fingerabdruck des Sandes«: Neue Methode zur Herkunftsbestimmung von antikem Glas
Es deutete jedoch vieles auf Palästina als Zentrum der spätantiken Glasproduktion hin. Dort wurden bei Grabungen zahlreiche Öfen freigelegt. Das Rätsel um das farblose römische Glas halten die Wissenschaftler aber nun für gelöst: »alexandrinisch« steht wohl tatsächlich für die Produktion in der Nähe des Nils in Ägypten. Das geht aus einer Studie mit einer neuen geochemischen Isotopen-Analyse hervor.
An der jetzt im Fachmagazin »Scientific Reports« veröffentlichten Untersuchung war auch der Professor für Klassische Archäologie und Direktor des Archäologischen Museums an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), Achim Lichtenberger, beteiligt. »Die neuen Befunde verdeutlichen die enge Verzahnung von Archäologie und Geologie. Es unterstreicht die Bedeutung interdisziplinärer Forschungen«, betonte der münstersche Wissenschaftler.
Ausgangpunkt der Arbeit waren Glasfunde aus dem dänisch-deutschen »Jerash Northwest Quarter Project«. Rund um die jordanische Stadt finden seit 2011 Ausgrabungen unter Beteiligung des münsterschen Forschers statt. Achim Lichtenberger und seine dänische Kollegin und Direktorin des Centre for Urban Network Evolutions (UrbNet), Prof. Dr. Rubina Raja (Universität Aarhus), leiten das archäologische Projekt rund um die Ausgrabungsstätte in Jerash.
Die geochemische Analytik wurden entwickelt von Dr. Gry Barfod vom UrbNet in Aarhus. Mit der neuen Methode kann künftig ermittelt werden, woher genau Funde des durchsichtigen Glases aus der römischen Kaiserzeit stammen. Den Schlüssel lieferte der bei der Glasherstellung verwendete Sand. Darin enthaltene Hafnium-Isotope dienten in der Geochemie dazu, eine Art Fingerabdruck des Sandes zu erstellen. »Hafnium-Isotope haben sich als wichtiger Tracer für den Ursprung von Sedimentablagerungen in der Geologie erwiesen. Damit kann eindeutig zwischen ägyptischem und palästinischem Glas unterschieden werden«, sagt Gry Barfod.
Hafnium-Isotope wurden bisher in der Archäologie nicht verwendet, um den Handel mit antiken künstlichen Materialien wie Keramik und Glas zu untersuchen. »Diese aufregenden Ergebnisse zeigen deutlich das Potenzial der Hafnium-Isotope bei der Aufklärung der Herkunft antiker Materialien«, unterstreicht Co-Autor Prof. Dr. Ian Freestone vom Londoner University College. »Ich bin sicher, dass sie in Zukunft ein wichtiger Teil des wissenschaftlichen Instrumentariums werden.«
Publikation
'Alexandrian' Glass Confirmed by Hafnium Isotopes
Scientific Reports. 9.7.2020
DOI: 10.1038/s41598-020-68089-w