Der großflächige Kiesabbau nördlich des Weilers Oberwil in der Gemeinde Cham im Schweizer Kanton Zug wird von der Archäologie systematisch begleitet. Bereits in den vergangenen Jahren konnten dabei umfangreiche Funde aus sechs Jahrtausenden gesichert werden. Anlässlich der jüngsten Grabungskampagne legten die Fachleute nun eine bronzezeitliche Grube frei. Alleine schon deren Größe von fünf Metern Länge und dreieinhalb Metern Breite zeigt, dass es sich um einen besonderen Befund handelt. Ein treppenartiger Abgang aus großen Geröllsteinen führte vom Rand der Grube zur eineinhalb Meter tiefer gelegenen Sohle. Anhand der darin abgelagerten Sedimente lässt sich rekonstruieren, dass die Grube zumindest eine Zeit lang mit Wasser gefüllt war. In dieses während der Bronzezeit künstlich geschaffene Wasserbecken wurden später verschiedene Objekte deponiert, die auf eine rituelle Verwendung hinweisen.
Menhirstatue, Mondhorn, Rillenstein und Keramikgefässe
Dieses Fundensemble besteht aus verschiedenen Objekten. Der auffälligste Fund ist eine rund 40 Zentimeter grossen Steinstele in stilisierter Menschengestalt aus Sandstein. Dass es sich offensichtlich nicht um ein Natur- oder Zufallsprodukt handelt, zeigt die Gravur im unteren Bereich der Statue. Prähistorische Menhirstatuen kommen vielerorts vor, insbesondere auch im mediterranen und alpinen Raum. »In der Schweiz sind solche Objekte jedoch sehr selten; der Fund aus dem Äbnetwald dürfte schweizweit ein Unikat sein«, so Gishan F. Schaeren, Leiter der Abteilung Ur- und frühgeschichtliche Archäologie.
Beim »Mondhorn« handelt es sich um ein halbmondförmiges Objekt aus gebranntem Ton, das mit einfachen Ornamenten verziert ist. Im Fundzustand war dieses »Mondhorn« in verschiedene Teile zerbrochen. Die regelmäßige Art der Bruchstücke lässt vermuten, dass das Objekt absichtlich zerschlagen und in der Grube verteilt worden war. Beim »Rillenstein« handelt es sich um ein rundes Objekt, das auf zwei Seiten abgeflacht ist und in der Mitte eine künstlich angebrachte Rille aufweist. In der gleichen Schicht wurden die Reste von vier verzierten, feinen Keramikgefässen entdeckt, wobei sich die Scherben zu fast vollständigen Gefäßen zusammensetzen liessen. Anhand von Form und Verzierung lassen sich die Keramikgefässe in die ausgehende Spätbronzezeit, um 900-800 vor Christus, datieren. »Mit der neusten Entdeckung konnte ein weiteres spannendes Puzzleteil der bedeutenden bronzezeitlichen Fundstelle ausgegraben und für die Nachwelt dokumentiert werden«, sagt Gishan F. Schaeren.
Backenzahn eines Mammuts
Keinen direkten Zusammenhang mit der bronzezeitlichen Kultgrube hat der während des Kiesabbaus in rund 20 Metern Tiefe im eiszeitlichen Kiesschotter entdeckte Backenzahn eines Mammuts. Der Zahn misst rund 20 Zentimeter und hat gemäß Radiokohlenstoffdatierung ein Alter von mindestens 30.000 Jahren. Er gehörte zu einem erwachsenen Tier, das vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit die Tundra in der heutigen Gemeinde Cham durchstreifte.