Im Frühjahr 1990 machte ein Fischer einen ungewöhnlichen Fang: Die Strömung trieb ihm mehrere Keramikstücke ins Netz. Sie stammten von einer Hochseedschunke, die im 15. Jahrhundert im südchinesischen Meer gesunken war. Schließlich gelang es Tauchern, deren Ladung zu bergen - trotz einiger Hindernisse durch einen Taifun und Hai-Attacken. Rund 240.000 Porzellanobjekte hatte das 30 Meter lange und sieben Meter breite Kastenboot in seinem Stauraum geladen. Es handelte sich überwiegend um vietnamesische Keramik des späten 15. Jahrhunderts, die aus den Brennöfen der Provinz Mai Duong stammte. Chinesische und thailändische Stücke lieferten Hinweise auf weitreichende Handelsbeziehungen. Insgesamt erreichte die Fracht einen Wert in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe.
Einige dieser Fundobjekte aus dem Schiffswrack von Cu Lao Cham sind nun in Herne zu sehen. Dazu gehören ein Deckel mit Landschaftspanorama, Teller mit Drachendekor, Töpfe mit Tier- und Pflanzenornamenten sowie badenden Frauen oder eine Kanne in Form eines Phönix.
Weitere Funde stammen aus dem Bootsgrab von Viet Khe, das mit seinen Beigaben zu den reichsten Gräbern der Eisenzeit in Vietnam gehört und dort als Nationalschatz gilt. Entdeckt wurde es - ebenfalls per Zufall - bei Bauarbeiten. In dem vor über 2.000 Jahren angelegten Bootsgrab fand man über 100 Fundstücke der Dong Son-Kultur. Der Tote war in einer Matte aus Flechtwerk in dem zum Sarg umfunktionierten Holzboot bestattet worden. Als Beigaben legte man ihm mehr als 90 Objekte mit ins Grab. Sie stellten die Grundausstattung eines Mannes aus der Oberschicht dar: Waffen, Werkzeuge, Gefäße zum Waschen und Tafelgeschirr und Musikinstrumente. Auch einige organische Reste hatten die Zeit überdauert, darunter eine bemalte Holzkiste mit weiteren kleineren Bronzebeigaben, ein Paddel, Reste eines Lederpanzers und über zwei Meter lange Speere.
Einige der Grabbeigaben, wie das Holzpaddel und vier Bronzeobjekte, werden derzeit eigens für die Ausstellung in Deutschland restauriert und im Januar ergänzend in die Vitrinen eingebracht.
Hintergrund: »Schätze der Archäologie Vietnams«
Die Sonderausstellung »Schätze der Archäologie Vietnams« zeigt vom 7.10.2016 bis 26.2.2017 im LWL-Museum für Archäologie in Herne prunkvolle Zepter aus Stein, kostbare Fabelwesen aus Terrakotta, riesige Trommeln aus Bronze. Die Funde sind erstmals in Deutschland und Europa zu sehen. Sie stammen von historisch bedeutsamen Fundplätzen wie der Tempelstadt My Son im Dschungel Mittelvietnams und dem Kaiserpalast Thang Long in der Hauptstadt Hanoi, beides UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten.
Die Ausstellung wagt erstmals in Deutschland einen umfassenden Blick auf dieses kulturell wie geschichtlich reiche Land, seine fernöstliche Lebenswelt zwischen dem Delta des Roten Flusses im Norden und dem Mekong im Süden.
Kein Land in Südostasien hat in den vergangenen Jahrzehnten so viele Ausgrabungen durchgeführt, so viele Museen gebaut wie Vietnam. Anhand der archäologischen Entdeckungen begibt der Besucher sich auf eine Reise durch mehr als zehn Jahrtausende Kulturgeschichte Vietnams von der Steinzeit bis zur Gegenwart.
Aus acht Museen des Landes hat die Sonderausstellung archäologische Kostbarkeiten zusammengeführt: älteste Steinzeitfunde, Beispiele exzellenten Bronzehandwerks und Goldobjekte. Sie stammen aus bizarren Höhlen-Landschaften, aus Gräbern versteckt im Dschungel, aus Siedlungen in Flusstälern und Hochebenen. Nahezu 400 Exponate aus 45 Fundkomplexen erzählen die Geschichte eines der faszinierendsten Länder Südostasiens im Spannungsfeld von Indien und China, von der Steinzeit bis in die jüngste Vergangenheit. Nachbauten, 3D-Rekonstruktionen und Landschaftsbilder lassen den Besucher eintauchen in Vietnams außergewöhnliche Kultur- und Naturlandschaft.
Die Ausstellung wird vom LWL-Museum für Archäologie in Herne, vom Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz und den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim in Zusammenarbeit mit der Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) entwickelt.