Befreit und doch gestorben

Auf der Atlantikinsel St. Helena haben Archäologen der Universität Bristol einen Sklavenfriedhof aus dem 19. Jh. ausgegraben. Die aus Afrika verschleppten Menschen starben auf der Insel, nachdem sie durch die Royal Navy von Sklavenhändler-Schiffen befreit worden waren.

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Ausgrabung auf St. Helena
Etwa 325 Skelette wurden bei den Ausgrabungen gefunden. Sie waren in Einzel-, Mehrfach- und Massengräbern bestattet. Foto: University of Bristol

Die Atlantikinsel St. Helena wurde vor allem durch die Verbannung Napoleons berühmt. Weniger bekannt ist ihre Rolle im Kampf gegen den Sklavenhandel. Von 1840 bis 1872 nutzte die Royal Navy in ihrem Kampf gegen den seit 1807 verbotenen Sklavenhandel die Insel als Auffanglager für aufgebrachte »Sklavenschiffe«. Um die 26.000 befreite Sklaven waren im Lager Ruperts Bay untergebracht. Mindestens 5.000 von ihnen starben auf der kleinen Insel, geschwächt und verletzt durch die Überfahrt oder die Bedingungen in den Lagern.

Zwischen 2006 und 2008 konnten Teile eines im Ruperts Valley liegenden ehemaligen »Sklavenfriedhofes« ausgegraben werden. Die meisten der 325 freigelegten Skelette fanden sich in Mehrfach- oder Massengräbern, nur fünf Personen wurden in Holzsärgen bestattet, vier davon waren Neugeborene. Die anthropologischen Untersuchungen zeigten, dass es sich bei 83% der Toten um Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene handelte. Dies ist insoweit nicht verwunderlich, da gerade diese Bevölkerungsgruppe für die Sklavenjäger und -händler  interessant war: junge Sklaven konnten in Erwartung eines langen Arbeitslebens teurer verkauft werden.

Woran die Menschen auf St. Helena gestorben sind, konnte in den meisten Fällen nicht ermittelt werden, da die häufigsten Todesursachen an Bord eines Sklavenschiffes wie Dehydrierung, Ruhr und Pocken keine pathologischen Spuren am Skelett hinterlassen. Anzeichen für Skorbut konnten sich allerdings bei fast allen Toten nachweisen, einige wiesen Anzeichen für Gewalteinwirkungen auf, zwei ältere Kinder wurden anscheinend erschossen. In vielen Bestattungen fanden sich Glasperlen als Beigaben. In einige auch wertvollere Schmuckstücke wie kupferne Armreifen. Daneben fanden sich bei sehr vielen Toten auch Metallplaketten, die zur Kennzeichnung der Sklaven mit einem Namen oder einer Nummer dienten.

Die Fundstücke werden demnächst im Slavery Museum in Liverpool ausgestellt und anschließend wieder nach St. Helena gebracht. Die Überreste der Toten sollen so schnell wie möglich auf St. Helena wieder bestattet werden.

Publikation

Andrew Pearson, Ben Jeffs, Annsofie Witkin & Helen MacQuarrie

Infernal Traffic. Excavation of a Liberated African Graveyard in Rupert’s Valley, St Helena
ISBN: 978-1-902771-89-2