Denn hier, wo langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Dendrochronologie vorliegen, ließ sich das Denkmalpflege-Team aus dem Rheinland in den vergangenen Monaten schulen. Maßgeblich daran beteiligt war Dr. Thomas Eißing, Leiter des Labors für Dendrochronologie und Gefügekunde an der Universität Bamberg. Mitarbeitende des LVR-ADR sowie Thomas Eißing gaben am 31. Oktober bei der offiziellen Vorstellung Einblicke in das neue Labor.
Seinen Ursprung hat die Kooperation zwischen beiden Einrichtungen bei der Flutkatastrophe im Juli 2021. Damals führten sie gemeinsam in Bad Münstereifel, das von der Flut stark betroffen war, dendrochronologische Untersuchungen durch und stellten die Gutachten den Anwohnerinnen und Anwohnern zur Verfügung. Insbesondere wurden Gebäudebalken untersucht, die normalerweise verdeckt sind, jedoch von der Flut freigespült worden waren. Ziel war es einerseits, mehr über einen Teil der rund 360 als Denkmal klassifizierten Gebäude in Bad Münstereifel herauszufinden. Im Sinne der Denkmalpflege ging es aber auch darum, zum Erhalt dieses großen baukulturellen Erbes nach der Flut beizutragen. "Wenn sich die Menschen mit ihren Häusern identifizieren und Wissen über ihre Historie haben, ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie sich für ihren Erhalt einsetzen", sagt Thomas Eißing. Die Auswertung ergab neue und weitreichende Erkenntnisse zur Stadtentwicklung, Konstruktionsentwicklung sowie zur Holzwirtschaft. Unter anderem kam heraus, dass zahlreiche Gebäude im Ort viel älter sind als bisher angenommen – die ältesten stammen aus dem frühen 15. Jahrhundert. Bad Münstereifel ist jetzt der am besten bauhistorisch untersuchte Ort im Rheinland.
Die Arbeit im Labor musste damals in Bamberg durchgeführt werden. Jetzt kann das LVR-ADR selbst im Rheinland Holzproben auswerten. Man wird aber nicht von heute auf morgen Dendrochronologe oder Dendrochronologin, weiß Thomas Eißing. "In vier Kampagnen á einer Woche waren die Kolleginnen und Kollegen aus dem Rheinland bei uns in Bamberg und haben von uns gelernt", erläutert er. Es geht dabei nicht nur um die Altersfrage der Hölzer, sondern auch um weitere Forschungsfragestellungen wie etwa die Herkunft, Qualität oder Verarbeitung der Hölzer. "Wir datieren in Bamberg nicht nur, sondern binden unsere Erkenntnisse ein in einen kulturhistorischen Kontext", sagt Eißing. "Das und unsere hohen Standards in der Digitalisierung und Archivierung der Proben und Ergebnisse sind Bamberger Alleinstellungsmerkmale, die uns von anderen Laboren unterscheiden.2
Das Labor im Rheinland ist nicht das einzige, das mit Bamberg zusammenarbeitet. In einer Art Satellitensystem bestehen bereits vier weitere assoziierte Labore, zwei weitere in Bayern und in jüngster Zeit werden von ehemaligen Studierenden Labore auch für Baden-Württemberg und Sachsen aufgebaut. Mit dem thüringischen Landesamt für Denkmalpflege liegt schon seit 2011 eine Kooperationsvereinbarung in Bezug auf die Auswertung und Archivierung dendrochronologischer Proben vor. In Bamberg gibt es unter anderem einen gemeinsamen Datenpool, in dem alle Messungen und Scans der Proben auch der assoziierten Labore in digitaler Form archiviert werden. "Wir wollen den Transfer zwischen den Landesämtern für Denkmalpflege und weiteren Akteuren in diesem Bereich pflegen", sagt Eißing. "Von dem Austausch profitieren sowohl Forschung und Lehre als auch die Praxis."