Für die Archäologie werden digitale Dokumentationsmethoden in der Forschung und Lehre immer wichtiger. Neben mehreren Standorten in Europa sind auch an der Universität Bonn lokale Initiativen entstanden, die die neuen digitalen Möglichkeiten der dreidimensionalen (3D) Technologie und Virtuellen Realität (VR) in Forschung und Lehre in den archäologischen Fächern nutzen. »Bislang gibt es jedoch keine Vernetzung dieser Initiativen, so dass Synergien nicht genutzt werden können«, sagt Prof. Dr. Stefan Feuser, Heisenberg-Professor für Klassische Archäologie an der Universität Bonn. »Dabei sind die Fähigkeiten, das materielle Kulturerbe durch 3D- und VR-Visualisierungsmethoden zu digitalisieren und sinnvoll in die Lehre zu integrieren, von grundlegender Bedeutung für die digitale Transformation an Hochschulen.« Studierende müssten dafür geschult, Standards für die gemeinsame Nutzung und den Austausch virtueller Welten entwickelt und Lernszenarien an Hochschulen entwickelt werden.
Lernszenarien mit 3D-Datensätzen und VR-Umgebungen
Das internationale Projekt »Virtual Worlds in Teaching Archaeology« greift diese Ziele auf. Unter der Federführung der Universität Bonn haben sich die Universitäten Amsterdam und Oslo sowie die Open University of the Netherlands zusammengefunden, um Lernszenarien mit 3D-Datensätzen und VR-Umgebungen zu entwickeln und zu testen. Die Europäische Union ko-finanziert das Vorhaben in den nächsten drei Jahren mit rund 400.000 Euro im Programm ERASMUS+. Das Projekt knüpft an die erfolgreichen Vorarbeiten der Universität Bonn an, die im ViCo-Teilprojekt »Virtuelle 3D-Welten« entwickelt worden sind. Das Projekt wird unter der Koordination von Prof. Feuser in enger Zusammenarbeit mit Dr. Matthias Lang und Philippe Kluge vom Bonn Center for Digital Humanities als Spezialisten für 3D-Technologien und Virtual Reality durchgeführt.
Wie lassen sich Studierende für Archäologie begeistern?
Grundlegende Frage des Projektes ist, wie virtuelle Technologien für das Studium der Archäologie gewinnbringend genutzt werden können, um Studierende bereits zu Beginn für Archäologie zu begeistern? »Bislang werden archäologische Objekte und Gebäude mit dem Beamer als zweidimensionale Fotos, Pläne oder Rekonstruktionszeichnungen an die Wand projiziert«, berichtet der Wissenschaftler, der Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich »Present Pasts« und im Exzellenzcluster »Bonn Center for Dependency and Slavery Studies der Universität Bonn ist. Neue Technologien ermöglichen es nun aber, etwa mittels VR-Brillen Ausgrabungsstätten virtuell zu betreten, die digitale Rekonstruktion von Tempeln zu verstehen und Objekte in die Hand zu nehmen, zu untersuchen und in ihren ursprünglichen Zusammenhang zu platzieren.
Dafür müssen aber zunächst eine entsprechende Datengrundlage in Form von 3D-Modellen und VR-Welten geschaffen und Konzepte für Lernszenarien entwickelt werden. Im Projekt soll dies durch eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene und Absprachen zu Datenstandards erreicht werden. Feuser: »Übergeordnetes Ziel ist es, dass in drei Jahren genügend digitale Modelle und didaktische Konzepte vorliegen, damit die Studierenden im ersten Semester in 3D-Welten lernen.« Während mehrerer Sommerschulen werden die Studierenden mit ihren Ideen und Sichtweisen in die Entwicklung eingebunden. Der Test und die Evaluierung erfolgen in Lehrveranstaltungen an den beteiligten Universitäten.