Künftig entsteht auf einem Areal zwischen der Zürcherstrasse und dem Sonnenweg in Windisch eine Grossüberbauung mit Tiefgarage. Dabei werden die römischen Überreste bis in vier Meter Tiefe zerstört, weshalb die Kantonsarchäologie im Vorfeld Ausgrabungen durchgeführt hat. Während insgesamt elf Monaten dokumentierte das Grabungsteam eine Fläche von 3000 Quadratmetern und barg die Funde. Die Ausgrabung wurde Ende Juli abgeschlossen.
Die ältesten archäologischen Hinterlassenschaften auf dem Areal waren Gräber, die zu einem Bestattungsplatz gehörten. Insgesamt konnte das Grabungsteam 14 Brandbestattungen dokumentieren. Die sterblichen Überreste, der sogenannte Leichenbrand, wurden teilweise in Keramikurnen bestattet, aber auch in Behältnissen aus organischen Materialien, die längst im Boden vergangen waren. Den Toten mit ins Grab gelegt wurden Beigaben wie Schmuck und Gefässe, sowie vermutlich auch darin enthaltene Nahrungsmittel. Dank dieser Grabbeigaben kann das Gräberfeld ins beginnende erste Jahrhundert nach Christus datiert werden. Neben den Brandgräbern kamen auch vier Körperbestattungen ohne Beigaben zum Vorschein. Erste naturwissenschaftliche Analysen haben bestätigt, dass sie ebenfalls in die frührömische Zeit gehören, was ungewöhnlich ist, da in der Regel in dieser Zeit die Brandbestattung üblich war.
Quer über das Ausgrabungsareal verlief eine Strasse, die bereits aus älteren angrenzenden Ausgrabungen bekannt war. Südlich an die Strasse grenzten mehrere Gebäude an. Von den ursprünglich aus Holz gebauten Häusern haben sich nur wenige Spuren im Boden erhalten. Dazu gehörten Reihen von Steinen, worauf die hölzernen Schwellbalken der Gebäude verlegt worden waren. Im Gebäudeinnern trennten dünne Lehmwände die Räume voneinander ab. Die Wände waren mit weissem Verputz verkleidet, auf dem eine einfache Bemalung in roten, braunen und grünen Linien erhalten war. Eine ganze Wand konnte im Verband dokumentiert werden, weil sie beim damaligen Abriss des Gebäudes als Ganzes umgestürzt war.
Hinter den Gebäuden schlossen Hinterhöfe an, wo sich Abfallgruben und Latrinen befanden. In diesem Bereich lag auch ein Töpferofen, in dem ein Töpfer Keramikgefässe wie Krüge und Teller brannte. Die Siedlung setzte sich in östlicher Richtung fort. Die andersartige Ausrichtung der Gebäude lässt darauf schliessen, dass sie sich an einer anderen Strasse orientierten, die vermutlich unter der heutigen Zürcherstrasse verlief.
Hochkarätige Funde und neue Erkenntnisse
Unter den Hunderten von Funden stechen einige ganz besonders hervor. Eine Bronzefigur zeigt Minerva, Tochter des Jupiters, Göttin des Kriegshandwerks und der Weisheit. Sie ist liegend dargestellt mit Schild, Helm und einer Trinkschale in der vorgestreckten rechten Hand. Ein massiver Goldring mit einem grossen, zweifarbigen Schmuckstein – Kameo genannt – zeigt den Helden Achill. Er hat seine Waffen neben sich abgelegt und spielt auf der Leier. Durch die Ausgrabung konnte ein weiterer grossflächiger Bereich im Süden ausserhalb des Legionslagers Vindonissa untersucht werden, was zum besseren Verständnis der hier liegenden Zivilsiedlung beiträgt.