Aus der Vergangenheit in die Zukunft - Neue Wege für Denkmalschutz und Denkmalpflege
Daran schloss sich der Festvortrag über den ersten staatlichen Denkmalpfleger Württembergs Konrad Haßler sowie Vorträge zu aktuellen Schwerpunkten und Perspektiven der Landesdenkmalpflege an. Fachkundige Führungen zu interessanten Stätten in und um das Ulmer Münster ermöglichten einen Einblick in die praktische Seite der Denkmalpflege.
Zentraler Auftrag und Ziel der staatlichen Denkmalpflege sind die Erforschung, Erhaltung und Vermittlung von Kulturdenkmalen als Teil unseres Kulturerbes in Baden-Württemberg. Wie sich dies in der Vergangenheit gestaltet hat und vor welchen aktuellen Herausforderungen sich die Denkmalpflege gestellt sieht, stand im Mittelpunkt der ganztägigen Veranstaltung.
Der Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Prof. Dr. Dieter Planck, eröffnete den Festakt zur 150-Jahr-Feier der staatlichen Denkmalpflege in Württemberg. In seiner Begrüßungsansprache betonte er die landespolitische Bedeutung der Denkmalpflege und appellierte an die Landesregierung, die finanziellen Rahmenbedingungen der Denkmalpflege auch in naher Zukunft zu erhalten. Nach der Festansprache von Richard Drautz, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, zeichnete die Denkmalstiftung Baden-Württemberg drei vorbildliche private Initiativen auf dem Gebiet der Denkmalpflege aus
- den Justinus-Kerner-Verein und Frauenverein e.V. aus Weinsberg für sein Engagement für das Kernerhaus, das sog. Alexanderhäusle, das Justinus-Kerner-Denkmal und vor allem die Burgruine „Weibertreu“,
- den Bürgerverein Kelter Linsenhofen e.V. aus Frickenhausen-Linsenhofen für die Instandsetzung der Kelter in Linsenhofen und
- den Verein zur Erhaltung der Hofanlage Milz e.V. für die Instandsetzung der Hofanlage Milz in Kressbronn-Retterschen.
Mit der Einsetzung von Konrad Dietrich Haßler am 14. Mai 1858 als erster staatlicher Konservator Württembergs wurde die staatliche Denkmalpflege als Institution begründet. Dr. Frank Raberg aus Neresheim stellte in seinem Festvortrag die Person Konrad Dietrich Haßlers und deren Bedeutung für die Entwicklung der frühen Denkmalpflege vor. Haßler hatte bereits vor seiner Ernennung zum Konservator durch die Entdeckung und Ausgrabung eines alemannischen Gräberfeldes im Bahnhofsgelände von Ulm Erfahrungen mit der Denkmalpflege sammeln können. Maßgeblich wirkte er außerdem an der Planung und Vollendung des Ulmer Münsters mit, in der sich die Wiederentdeckung und Neubewertung der mittelalterlichen Baukunst manifestierte.
Es folgten drei Vorträge aus den Fachbereichen Inventarisation, Bau- und Kunstdenkmalpflege und Archäologische Denkmalpflege der jeweiligen Referatsleiter des Landesamtes für Denkmalpflege.
„Das Erfassen, Erforschen und Dokumentieren der Denkmale ist Grundlage jeder Denkmalpflege“, erläuterte Dr. Ulrike Plate, „die Veröffentlichung dieses Wissens ist zentraler Auftrag für die Vermittlung der Anliegen der Denkmalpflege.“ War dies 1858 noch selbstverständlicher Bestandteil des gesetzlichen Auftrags, ist dies heute nur noch schwer als zentrale Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege zu vermitteln. In ihrem Vortrag beleuchtete sie die Ursachen hierfür, zeigte die Konsequenzen für die Wahrnehmung und das Selbstverständnis von Denkmalpflege auf und entwickelte Perspektiven für die Zukunft.
Die staatliche Denkmalpflege steht im Verhältnis zu gesamtgesellschaftlichen Prozessen. Die Bau- und Kunstdenkmalpflege wurde durch den Strukturwandel der letzten zwei Jahrzehnte inhaltlich, strukturell und finanziell zunehmend in Bedrängnis gebracht. Prof. Dr. Michael Goer erläuterte, wie zukünftig der gesellschaftliche Auftrag, Kulturdenkmale zu pflegen und zu erhalten, wahrgenommen werden könnte.
Die archäologische Denkmalpflege kann in Baden-Württemberg auf eine sehr lange Tradition zurückblicken. Einige der bedeutendsten archäologischen Fundstätten Mitteleuropas, etwa die altsteinzeitlichen Höhlen im Aach- und Lonetal, die Pfahlbausiedlungen am Bodensee, die weltberühmten frühkeltischen Fundstätten Heuneburg und Hochdorf, römische Monumente des obergermanisch-rätischen Limes oder so bedeutende frühmittelalterliche Fundkomplexe wie Oberflacht, Trossingen oder Lauchheim liegen im Ländle. Dr. Dirk Krauße vermittelte einen Einblick in die Konzepte, Schwerpunkte und Ergebnisse der Landesarchäologie während der zurückliegenden Jahrzehnte, die den herausragenden Ruf der württembergischen Archäologie im In- und Ausland begründeten. Anschließend wies er Wege aus der Krise auf, in der sich die Archäologische Denkmalpflege in Baden-Württemberg seit einigen Jahren befindet.