Archäologisches Erbe besser schützen

Leopoldina-Diskussionspapier zum Kulturgutschutz in der akademischen Ausbildung

Das archäologische Erbe ist in erheblichem Maße gefährdet. Durch Bauvorhaben, kriegerische Auseinandersetzungen und klimatische Veränderungen nimmt der Druck auf dieses Erbe ständig zu. Gut ausgebildete Archäologinnen und Archäologen sind entscheidend für dessen Schutz. Sie werden jedoch während ihres Studiums nur ungenügend mit den Anforderungen des archäologischen Kulturgutschutzes vertraut gemacht, so die Autorinnen und Autoren des kürzlich veröffentlichten Diskussionspapiers der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

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Titelbild des Leopoldina-Diskussionspapiers
Das Titelbild basiert auf einem Foto der Ausgrabung des zweiten Grabs der Wartbergkultur aus Schmerlecke (LWL-Archäologie für Westfalen, Foto M.M. Rind, 2009) und wurde von Henrik Hofmeister | Leopoldina bearbeitet.

Mit der Publikation "Die gemeinsame Verantwortung für das archäologische Erbe: Warum der archäologische Kulturgutschutz besser in die akademische Ausbildung integriert werden muss" sprechen sie sich dafür aus, Studierende der Archäologie während ihrer akademischen Ausbildung stärker auf die zukünftigen Arbeitskontexte vorzubereiten, in denen der archäologische Kulturgutschutz im Vordergrund steht.

Die Autorinnen und Autoren stellen die grundlegende Rolle der universitären Ausbildung für den Schutz, die Pflege und die Vermittlung des archäologischen Erbes heraus. Diese Rolle ergibt sich daraus, dass mehr als zwei Drittel der archäologisch tätigen Absolventinnen und Absolventen außerhalb der Universität beschäftigt sind, ein Großteil in der privatwirtschaftlichen Archäologie, der Bodendenkmalpflege oder in Museen. Dies sind alles Arbeitskontexte, in denen sie mit Aufgaben des archäologischen Kulturgutschutzes konfrontiert sind. Doch für diese Tätigkeiten werden die Studierenden über die Universität nur unzureichend qualifiziert.

Um diese Situation zu verbessern, ist eine Zusammenarbeit der Universitäten mit den archäologischen und nicht-archäologischen Akteuren entscheidend. Dazu gehören u. a. Ämter für Denkmalpflege und Denkmalschutz, Museen, Bauunternehmen, Medien, Feuerwehr und THW sowie Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Das Diskussionspapier zeigt, dass die Universitäten momentan kaum systematisch mit diesen Akteuren vernetzt sind. Die Autorinnen und Autoren empfehlen den archäologischen Instituten und Fachbereichen deshalb die Einrichtung eines Gremiums, in dem sie sich über die Weiterentwicklung der archäologischen Ausbildung, die Integration des archäologischen Kulturgutschutzes und die Verknüpfung mit den Arbeitskontexten beraten können. Weiterhin wird die Gründung eines Forums Archäologischer Kulturgutschutz vorgeschlagen. Es soll den regelmäßigen Austausch der Universitäten mit den archäologischen und nicht-archäologischen Akteuren fördern.

Die Autorinnen und Autoren schlagen zudem vor, das aus der medizinischen Ausbildung bekannte Konzept der „Anvertraubaren professionellen Tätigkeiten“ (APTs) für die archäologischen Studiengänge nutzbar zu machen. Studierende der Medizin übernehmen bereits früh erste Aufgaben in der stationären und ambulanten Versorgung und qualifizieren sich dadurch schrittweise, um später bestimmte berufliche Tätigkeiten in diesen Arbeitskontexten professionell auszuführen. Auch für Studierende der Archäologie wäre es sinnvoll, wenn sie bereits während des Studiums zukünftige Arbeitskontexte wie z. B. eine Grabungsfirma, ein Amt für Denkmalschutz oder ein Museum verpflichtend kennenlernen würden. Die Autorinnen und Autoren empfehlen, dazu gemeinsam mit den außeruniversitären archäologischen Akteuren Kern-APTs zu bestimmen, die Berufsanfängerinnen und -anfängern nach Abschluss ihres Studiums nachweislich anvertraut werden können.

Die Autorinnen und Autoren sprechen sich außerdem für die Entwicklung von Weiterbildungs- und Fortbildungsangeboten aus. Diese sollten für Absolventinnen und Absolventen und das wissenschaftliche Personal an Hochschulen entwickelt werden. Aber auch für diejenigen nicht-archäologischen Akteure, die in ihrem beruflichen Alltag mit Fragen des Kulturgutschutzes konfrontiert sind oder Entscheidungen über archäologisches Erbe treffen, sollten entsprechende Fortbildungsangebote entwickelt werden.

Publikationen in der Reihe "Leopoldina-Diskussion" sind Beiträge der genannten Autorinnen und Autoren. Mit den Diskussionspapieren bietet die Akademie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, flexibel und ohne einen formellen Arbeitsgruppen-Prozess Denkanstöße zu geben oder Diskurse anzuregen und hierfür auch Empfehlungen zu formulieren. Das Diskussionspapier wurde im Auftrag der Leopoldina-Arbeitsgruppe "Archäologisches Kulturerbe" erarbeitet. Die Arbeitsgruppe veröffentlichte bereits Diskussionspapiere zum kulturellen Erbe in Nord- und Ostsee, zur Notfallvorsorge und zu Notfallverbünden.