Das Werk fasst die archäologische und stadtgeschichtliche Forschung in all ihren Facetten zusammen und bewertet die archäologisch relevanten Bereiche innerhalb der Überlinger Altstadt. Damit ermöglicht der Stadtkataster eine bessere Abstimmung zwischen den Belangen der archäologischen Denkmalpflege und der Stadtentwicklungsplanung in der Praxis.
Archäologische Funde und Befunde sowie die Auswertung historischer Schrift- und Bildquellen, von Bauakten sowie der bisherigen Forschungsliteratur werden auf über 350 Textseiten mit ca. 125 Abbildungen und auf sechs farbigen Fachplänen in dem Band dargestellt.
„Die bis heute überlieferte reiche archäologische Substanz der Stadt kann so künftig bei Bauvorhaben Berücksichtigung finden und rechtzeitig in den Planungen zur Sprache gebracht werden", sagte der Regierungspräsident, der gleichzeitig auf einige wichtige archäologische Grabungen verwies, die von der Landesdenkmalpflege in den letzten Jahrzehnten in Überlingen durchgeführt wurden. „Dieser Stadtkataster dokumentiert die bisher gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Denkmalpflege mit der Stadt Überlingen, die auf diesem Fundament erfolgreich fortgesetzt werden kann", fügte der Regierungspräsident hinzu.
Der Band Überlingen erscheint als Nr. 34 in der Schriftenreihe Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg. Die Reihe wird vom Regierungspräsidium Stuttgart, dem Landesamt für Denkmalpflege, zusammen mit der jeweils bearbeiteten Stadt herausgegeben. Verfasst wurde der Band von Dr. Alois Schneider vom Regierungspräsidium Stuttgart, die Auswertung der neueren archäologischen Untersuchungen für den Fundstellenkatalog hat Dr. Jochem Pfrommer vorgenommen.
Mit dem Namen Überlingens und mit dem Überlinger See verbinden sich aus archäologischer Sicht wichtige Funde der Ur- und Frühgeschichte. Dr. Schneider erinnert in seiner Einführung in den Stadtkataster daran, dass „die archäologische Forschung hier in den 1860er Jahren mit den Untersuchungen des Überlinger Stiftungsverwalters Franz Xaver Ullersberger zu den Uferrandsiedlungen zwischen Unteruhldingen und Bodman begann und allein auf Überlinger Stadtmarkung drei dieser Pfahlbaustationen erfasst sind." Seitdem die Stadtarchäologie in den 80 er Jahren des letzten Jahrhunderts als denkmalpflegerische Schwerpunktaufgabe eingerichtet wurde und die archäologische Denkmalpflege eine ganze Reihe von Baumaßnahmen auch in Überlingen fachlich begleitet hat, erfuhr die archäologische Forschung einen neuen Schub", führte Dr. Schneider aus.
Schon vor der Mitte des 7. Jahrhunderts ist Überlingen als Aufenthaltsort eines Herzogs in Alamannien erstmals bezeugt. Die Siedlung entwickelte sich bis in staufische Zeit hinein zu einem Getreide- und Weinhandelszentrum und zu einer der wichtigsten Transitstellen am Bodensee. Auf dieser Basis wurde Überlingen, das wohl um 1210/20 Stadtrechte erhalten hat, zu der neben Lindau bedeutendsten Reichsstadt im nördlichen Bodenseeraum. Ihre Position als urbaner Mittelpunkt im Linzgau behielt die Stadt auch nach der politischen Neuordnung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die besondere politische und wirtschaftliche Rolle der spätmittelalterlichen Stadt hatte auch zur Folge, dass in Überlingen viele prominente bauliche Einrichtungen entstanden sind, die, wie etwa das Münster, das Franziskanerkloster oder die Werke der Stadtbefestigung, zum Teil bis heute das Stadtbild prägen. Dem trägt auch ein Inventar unter der Überschrift Historische Topographie im Stadtkataster Rechnung, das 260 Objekte historisch beschreibt und kartiert.
Das Kapitel Stadtbewertung unter archäologischen Gesichtspunkten stellt gleichsam das Resümee der Untersuchung dar, indem es die archäologisch relevanten Bereiche für die künftige denkmalpflegerische Betreuung der Altstadt Überlingens beschreibt. Trotz aller modernen Veränderungen hat Überlingen noch den größten Teil seiner im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit grundgelegten Straßen- und Quartiersstruktur, zahlreiche Dokumente seiner historischen Bebauung sowie ein dichtes archäologisches Potenzial bewahren können. Regierungspräsident Strampfer und der Autor des Bandes sind überzeugt: „Auch dieser Archäologische Stadtkataster wird für die künftige fachliche Diskussion bei dem Bemühen, den historischen Quellenwert der innerstädtischen Flächen zu würdigen und die sichtbaren wie auch die im Boden tradierten Geschichtsdokumente an die Nachwelt zu vererben, qualifizierte Wegweisungen geben."
Über seine Funktion als Instrument für die Stadtplanung hinaus kann dieser Band auch geschichtliche Grundlagenarbeit leisten und zu weiteren stadtgeschichtlichen Forschungen anregen. Zielgruppe des Archäologischen Stadtkatasters sind somit nicht nur Denkmalpflege und Planungsbehörden, sondern auch die stadt- und heimatgeschichtlich interessierte Bürgerschaft.