Wie genau diese Kulturkontakte in der Bronze- und älteren Eisenzeit (2. und frühes 1. Jahrtausend v. Chr.) vonstatten gingen, erforscht ein Team um Dr. Ingo Motzenbäcker vom Deutschen Archäologischen Institut.
In Kooperation mit dem „Otar-Lordkipanidze-Zentrum für Archäologische Forschung der Akademie der Wissenschaften Georgiens“ konzentrieren sich hierzu die Forschungen auf die georgische Provinz Kachetien. Diese Region im östlichen Südkaukasien bildet eine Siedlungskammer, die durch ein Flusssystem nach Süden mit den Gebieten des heutigen Armeniens, Azerbajdšans und Nordwestiran verbunden ist, entsprechend im Altertum mit den Herrschaftsgebieten der Hethiter, Mitanni, Assyrer und Urartäer.
Seit fünf Jahren steht der antike Siedlungsplatz Tachtiperda im Fokus von Ingo Motzenbäckers Untersuchungen. Mit seinen mehreren mächtigen Siedlungsschichten von der späten und mittleren Bronzezeit bis in die ältere Eisenzeit (17./16. bis 8./7. Jh. v. Chr.) bietet er die besten Voraussetzungen, um die noch bestehenden Unklarheiten hinsichtlich der chronologischen und kulturellen Verhältnisse zu klären und damit eine Rekonstruktion der kulturellen Entwicklung dieser Region und der jeweiligen Beziehungen zu den Kulturen im Norden und Süden zu ermöglichen.
Tachtiperda liegt verkehrstechnisch günstig, kontrolliert die befestigte Siedlung doch den Weg nach Westen in Richtung der heutigen Stadt Tbilisi, sowie nach Norden das Alazani- und nach Süden das Iori-Tal, und schließlich im Osten den Zugang zur Širaki-Hochebene. Die Siedlung zeigt sich heute als ein ca. 20 m hoher Hügel, der sich über eine Fläche von 200 m Länge und 150 m Breite ausdehnt und in einem Bereich terrassiert ist. Siedlungsaktivitäten finden sich jedoch auch außerhalb des Hügels, wie ein nördlich vorgelagertes Terrain, das im frühen 1. Jt. v. Chr., in der späten Bronze- und älteren Eisenzeit bewohnt war, beweist.
Der imposanteste Befund der Anlage ist eine bronzezeitliche Mauer, die rings um die Hügelkuppe führt. Neben einer Fundamentierung aus großen Kalksteinblöcken zeigt diese vermutlich 4 m breite Maueranlage einen komplizierten Aufbau, der aus Lehm, Holzpfosten, Steinen und Lehmziegeln besteht. Sowohl die Ausgrabungen, als auch geophysikalischen Prospektionen zeigten, dass diese Mauer einem verheerenden Brand zum Opfer fiel. Welche Funktion diese Anlage wie auch die Siedlung selbst hatten, wird in den nächsten Kampagnen zu klären sein. Möglicherweise handelt es sich bei Tachtiperda um einen Zentralort mit überregionaler Bedeutung. Dafür spricht seine Nähe zu zwei Bergheiligtümern, wie auch die bisherigen Funde (Keramik, Obsidian, Bronze), die Beziehungen zu den südlich benachbarten bronzezeitlichen Kulturen Armeniens und Azerbajdšans erkennen lassen.
In den letzten beiden Jahren wurden die Ausgrabungen des DAI durch ein Archäologenteam der Universität Bochum unterstützt. Unter der Leitung von Dr. Baoquan Song wurden u.a. der Siedlungshügel und mehrere Hektar des angrenzenden Geländes geomagnetisch untersucht, um so auf den noch nicht ergrabenen Bereichen mögliche Siedlungsreste zu dokumentieren. Die Messungen ergaben für die Terrasse des Hügels deutliche Siedlungsstrukturen in Form von Öfen, Stein- und Lehmbauresten. Die Untersuchung eines bereits teilweise freigelegten Gräberfeldes erbrachte zahlreiche Hinweise auf weitere Gräber.
Dieses Jahr hat das Bochumer Team das weitere Umland der antiken Siedlung mit Hilfe der Luftbildarchäologie „unter die Lupe“ genommen. Durch die gezielte Befliegung von 500 km² konnte die Fundlandschaft um Tachtiperda großflächig und umfassend dokumentiert werden. Neben schon bekannten wurden auch zahlreiche neue Fundstellen entdeckt und so ein genaueres Bild der archäologischen Hinterlassenschaften in der Region Kachetien ermöglicht.