In einem reich ausgestatteten Grab aus der zweiten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. war eine junge Afrikanerin bestattet worden, die offenbar zur High Society der römischen Legionsstadt Eboracum gehörte. Zu den Grabbeigaben zählte neben Schmuck aus Gagat und einem Flakon aus blauem Glas sowie einem Glasspiegel auch ein Armreif aus Elfenbein, weshalb die Bestattete als »Dame mit dem Elfenbein-Armreif« bekannt wurde. Archäologen hatten den Steinsarkophag bereits im Jahr 1901 ausgegraben.
In der März-Ausgabe des Magazins Antiquity wurden jetzt die Ergebnisse der zwischenzeitlich vorgenommenen forensischen Untersuchungen veröffentlicht. Anhand von Analysen der Sauerstoff- und Strontiumisotopen in den Knochen muss davon ausgegangen werden, dass die »Dame mit dem Elfenbein-Armreif« aus Nordafrika stammt, wo sie auch die ersten Jahre ihres Lebens verbrachte.
»Die multikulturelle Gesellschaft in Britannien ist kein Phänomen der Neuzeit«, erklärte Dr. Hella Eckardt von der University of Reading bei der Präsentation der Ergebnisse. »Die Untersuchungen der 'Ivory Bangle Lady' und ähnlicher Fälle widerlegen die gängigen Vorstellungen über die Zusammensetzung der Bevölkerung im Britannien der Römerzeit ebenso wie die Ansicht, afrikanische Einwanderer wären vor allem männliche Sklaven gewesen«, sagte sie. Bisher sei man vor allem auf Schriftquellen angewiesen gewesen, um etwas über Ausländer im römischen Britannien zu erfahren. »Durch die anthropologische Untersuchung des Schädels der Bestatteten, die chemische Signatur der Nahrung, die sie zu Lebzeiten zu sich genommen hat und die Analyse der Bestattung sind wir nun in der Lage, ein klares Profil ihrer Herkunft und ihres sozialen Status zu erstellen«, so Eckardt weiter. Damit ergebe sich »ein Bild des römischen York als höchst vielfältigem Ort, dessen Bevölkerung auch wohlhabende Männer, Frauen und Kinder aus dem romanisierten Nordafrika bzw. Mittelmeerraum umfasste.«
Veröffentlichung: Antiquity, Vol. 84(323), pp 131-45