Die meterhohen Lössauflagerungen im Raum Krems/Donau (NÖ) bergen zahlreiche Kostbarkeiten der Eiszeit: Die unter dem Namen "Fanny" bekannt gewordene steinerne Statuette kam bei Ausgrabungen in Krems-Rehberg und Stratzing vor 17 Jahren ans Tageslicht. Dieser Tage gab der Boden von Krems erneut Sensationelles aus seiner Vergangenheit preis: die vollständig erhaltenen Skelette zweier Säuglinge, die vor mehr als 27.000 Jahren unter dem Schulterblatt eines Mammuts bestattet worden waren.
Seit April dieses Jahres sind die Archäologen der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) auf dem Wachtberg von Krems im Rahmen eines vom Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung (FWF) unterstützten Projekts tätig. Mitte September war es dann soweit: Unter der Grabungsleitung von Thomas Einwögerer zeigte sich am Südrand der Grabungen eine Vertiefung unter der Kulturschicht, die durch ein Mammutschulterblatt abgedeckt war. Die auffällige Positionierung dieses großen Knochens ließ bereits einiges erwarten. Nach seiner behutsamen Bergung zeichneten sich an der Basis einer mit rotem Farbstoff aufgefüllten Mulde von ca. 40 cm Durchmesser die zarten Knochen zweier Säuglinge ab. Beim weiteren Freilegen der Skelettteile trat noch eine Kette aus Schmuckperlen zutage, die den beiden Verstorbenen mitgegeben worden war. "Es handelt sich dabei um die ersten vollständigen Bestattungen aus der Eiszeit in Österreich", betont die Leiterin des Forschungsprojekts, Christine Neugebauer-Maresch.
Die Stelle des Fundes befindet sich unweit jener, an der 1930 im Zuge einer Wegverbeiterung der heutigen Schießstattgasse in Krems eiszeitliche Siedlungsreste freigelegt worden waren. Bereits im Jahre 2000, als man in einem ersten Projekt des FWF die Forschungen im Raum Krems wieder intensivierte und dabei Testbohrungen durchführte, war man fündig geworden. "Trotz einer Tiefe von über fünf Metern konnte so das Areal eines Behausungsplatzes geortet und gezielt als Forschungsobjekt ausgewählt werden. Die Funddichte übertraf bei weitem alles, was man erwarten durfte", so die Projektleiterin. In der ca. 8-15 cm mächtigen Kulturschicht mit einem Alter von rund 27.000 Jahren konnten auf bisher rund 10 m² mehr als 10.000 Fundstücke, darunter ca. 4.000 so genannte Silices - Steingeräte und Abfall ihrer Produktion und Präparation - dokumentiert und geborgen werden. Hervorzuheben sind eine besonders feine mikrolithische Säge, fein bearbeitete Klingen, Kratzer, ein feines Elfenbeinstäbchen und ein geformtes und gebranntes Tonobjekt.
Bislang war erst einmal ein derart altes Grab in Österreich gefunden worden: in Spitz an der Donau wurde es 1896 von der damaligen Besitzerin des Grundstückes aus Aberglauben zerschlagen und in den Mießlingbach geworfen. Seither waren einige vereinzelte Knochen, nie aber eine vollständige altsteinzeitliche Bestattung gefunden worden. "Auch international zählen derart alte menschliche Skelette, die dem Homo sapiens fossilis zugeschrieben werden, zu den absoluten Raritäten", betont Christine Neugebauer-Maresch.