81 römische Schleuderbleie in Haltern gefunden

Sie sehen nicht nur ein wenig so aus, sondern sind auch inhaltlich für die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) so etwas wie eine verfrühte Ostereier-Überraschung. Denn eine derartige Menge von Schleuderbleien auf einem Fleck hat es zumindest in den Römerlagern entlang der Lippe noch nicht gegeben.

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Schleuderbleie
Ein kleines "Osternest" bilden die Schleuderbleie, die in dieser Anzahl noch nicht auf einem Haufen in einem westfälischen Römerlager gefunden wurden. (Foto: LWL/Burgemeister)

"In den vergangenen 150 Jahren haben wir insgesamt 70 Schleuderbleie im Halterner Boden entdeckt - und jetzt auf einen Schlag eine weit größere Anzahl", stellt LWL-Archäologin Dr. Bettina Tremmel fest. In einem ehemaligen römischen Straßengraben innerhalb der Begrenzungen des einstigen Hauptlagers war die gewichtige Waffensammlung gefunden worden: Etwa fünf Kilogramm bringt der Bleifund auf die Waage. Die Schleuderbleie lagen wie in einem Nest eng beisammen. Offenbar wurden sie in einem Lederbeutel aufbewahrt, der aber als organische Substanz im Boden nicht überdauert hat. "Möglicherweise hat sich hier ein Römer des schweren Ballastes entledigt, als das Lager aufgelassen wurde", sucht Tremmel nach Gründen für den Auffindungsort. Oder der Beutel fiel unbemerkt von einem Transportkarren oder einem Transportmuli.

Schleuderbleie gehören zu den im römischen Heer verwendeten Fernwaffen. Mit einer ledernen Schleuder und dem richtigen Abwurfwinkel können die Wurfgeschosse eine Geschwindigkeit von 75 Metern pro Sekunde und Weiten von mehr als 300 Metern erreichen. Aus kürzerer Distanz abgefeuert, scheinen die Bleie jedoch am effektivsten gewesen sein. Zumindest hielt ein gezielter "Beschuss" die Gegner bei Angriffen in Schach.

Der Nachteil: Blei ist schwer und spätestens dann überaus lästig, wenn sich eine Armee auf dem Rückzug befindet. Deshalb findet sich in Römerlagern immer wieder schweres Transportgut wie Säcke mit Eisennägeln, die beim Abzug der Truppen zurückgelassen wurden. Oder einige tausend Katapultpfeilspitzen, die von den Archäologen bereits 1902 im Römerlager Haltern entdeckt wurden. Auch sie wurden schlichtweg entsorgt, um die Last für die abziehenden Legionäre zu verringern.

Zusammen mit den Schleuderbleien entdeckten die LWL-Archäologen beim Aushub des Straßengrabens auch sogenannte "Flussreste" aus Blei. Die handtellergroße Masse entsteht als Rest beim Gießen von Bleiobjekten. Womöglich sind sie Zeugnisse der Herstellung von Schleuderbleien. "Es kann aber auch sein, dass die Schleuderbleie, die wir gefunden haben, selbst wieder eingeschmolzen werden sollten", erläutert Dr. Bettina Tremmel.
Interessant ist auch der Ort, an dem die Bleie gefunden wurden. Der Straßengraben, der in römischer Zeit etwa 50 Zentimeter tief gewesen ist, lag an einer Straße im Zentrum des Halterner Hauptlagers. Dieser Weg führte vom Südtor direkt zum Verwaltungszentrum des Lagers und zu den aufwendig gebauten Wohnhäusern der hohen Offiziere und Generäle. "Auf einen ähnlichen Bau könnten wir bei der jetzigen Ausgrabung gestoßen sein", schildert die Ausgrabungsleiterin.

Umso wichtiger sind alle neuen Erkenntnisse, die in diesem Fall durch das Entgegenkommen eines Halterner Grundstückseigentümers möglich gemacht wurden. Er erlaubte es den Archäologen, auf dem Grundstück lange vor den eigentlichen Bauarbeiten tätig zu werden.

Dr. Bettina Tremmel
Grabungsleiterin Dr. Bettina Tremmel mit dem ungewöhnlichen Fund aus dem Römerlager in Haltern am See. (Foto: LWL/Burgemeister)