Knapp einen Meter unter dem Asphalt des Schulhofs entdeckten die Archäologen zahlreiche kleinere Gruben und Pfostenlöcher. Diese Reste vergangener Siedlungen sind nur noch als dunkle Verfärbungen im hellen Boden zu erkennen. Die ältesten Spuren stammen aus der Eisenzeit, wie die Archäologen anhand von Keramikscherben feststellen konnten. Bei einigen Gruben handelt es sich um Vorratslager, vor allem für Getreide. Diese Anlagen sind zylindrisch oder kegelförmig und können bis zu anderthalb Meter tief und ebenso breit sein. "Sie sind ein charakteristisches Merkmal von jüngeren eisenzeitlichen Siedlungsplätzen in Ostwestfalen und überregional auf Fundstellen verschiedener Zeitstufen häufig vertreten", erläutert Grabungsleiter Dr. Dieter Lammers. Die Gruben wurden zunächst mit einem Feuer ausgeheizt und anschließend mit trockenem Stroh ausgelegt. Nach dem Befüllen verschloss man die Gruben mit festgestampftem Stroh und mit Erde.
Am Grubenrand verderben etwa 10 Prozent der eingelagerten Getreidemenge durch Schimmel. Im Grubeninneren dagegen bildet sich Kohlendioxid, das den Rest des Getreides vor Verrottung und Tierfraß schützt, insbesondere durch Kornkäfer. Die Lagerungsfähigkeit in solchen Gruben reichte nicht nur bis zur Aussaat im folgenden Jahr. Experimente konnten nachweisen, dass das Getreide auch nach zehn Jahren noch genießbar war und gemahlen werden konnte.
Weitere Gruben sind im Mittelalter entstanden. Im 11. und 12. Jahrhundert wurde hier vermutlich Lehm entnommen, der für den Bau von Fachwerkhäusern nötig war. Dass schon im Hochmittelalter an dieser Stelle Menschen ihre Häuser bauten, legt auch ein gemauerter, runder Brunnen nahe. Später, im 15. Jahrhundert, wurde der Brunnen nicht mehr zur Wasserförderung nutzt. Stattdessen entsorgten die Bewohner darin ihren Abfall.
Während die eisenzeitliche Siedlung sich über die gesamte Fläche erstreckt, beschränken sich die Spuren aus dem 11. Bis 13. Jahrhundert auf die nördliche Hälfte. Dort fanden die Archäologen einen 50 Zentimeter breiten Graben. Dieser Graben markierte im Mittelalter vermutlich eine Parzellengrenze.
Eine besondere Entdeckung stellt eine alte Wasserleitung dar, die aus eisernen Rohren zusammengesetzt ist und vermutlich aus dem 19. Jahrhundert stammt. Sie transportierte das Wasser von den Paderquellen durch den Domplatz bis hoch zum Kamp. Die Leitung wird an mehreren Stellen von modernen Drainagerohren unterbrochen. Schriftlich ist überliefert, dass in Paderborn bereits im Jahr 1523 eine der ersten Wasserleitungen Westfalens gebaut wurde. Ein mit Wasserkraft betriebenes Rad setzte ein Pumpwerk in Schwung, das Wasser aus der Tiefe förderte. Über ein weit verzweigtes Rohrsystem gelangte das Wasser in Becken. Hier stand es den Bürgern vor allem für Brandbekämpfung zur Verfügung. Die älteste Rohrleitung aus Blei wurde wohl im 19. Jahrhundert durch die nun entdeckte Leitung aus Eisen ersetzt. "Durch die günstige Lage an den Paderquellen war dieses Gebiet schon im Mittelalter ein Knotenpunkt für die Wasserversorgung der gesamten Stadt", erklärt Till Lodemann von der Stadtarchäolgie Paderborn.
"Unsere Grabung hat gezeigt, dass die Zahl der erhaltenen Siedlungsspuren im gesamten Areal deutlich größer ist als zuvor erwartet", so Dr. Sveva Gai, Leiterin der LWL-Stadtarchäologie. "Wir danken den Investoren für die enge Abstimmung und die Bereitschaft, die fachgerechte Dokumentation dieser Zeugnisse der Paderborner Stadtgeschichte zu ermöglichen."