"Mit diesem Befund geben sich erstmals ganze Grundrisse von Hofstellen dieser Zeit fernab von Altsiedellandschaften wie der Warburger Börde oder der Hellwegbörde zu erkennen.", erläutert Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen
Dunkle Verfärbungen im Boden brachten die Archäologen auf die Spur. Sie verweisen auf locker verfüllte Gruben und markieren jene Stellen, wo sich einst Häuserpfosten befanden. Die Experten schließen anhand dieser Pfostenlöcher auf einzelne Gebäude und ihre unterschiedlichen Funktionen. Die beiden neu entdeckten Einzelhöfe sind etwa 50 Meter lang und 30 Meter breit. Sie liegen etwa 150 Meter voneinander entfernt. "Noch ist unklar, ob sie innerhalb der letzten Jahrhunderte vor Christi zeitgleich oder nacheinander bestanden.", sagt Spiong.
Archäologen können aber jetzt schon auf die Lebensweise der einstigen Bewohner schließen: "Anders als die Ackerbauern, die zur gleichen Zeit in den fruchtbaren Lösbodenlandschaften siedelten, wohnten die Familien hier auf einer Hochfläche über dem Aftetal in kleinen Häusern von höchstens 25 Quadratmetern Innenraum," so Spiong. "Wir müssen also davon ausgehen, dass diese ersten Siedler überwiegend von der Viehwirtschaft lebten." Schließlich sei Ackerbau auf einer Anhöhe mit den damaligen Mitteln hier höchstens in sehr begrenztem Umfang möglich gewesen.
Neben dem eigentlichen kleinen Wohnhaus bestand der Hof aus einem kleinen rechteckigen Nebengebäude mit sechs Pfosten, die das Dach trugen, und bis zu drei quadratischen Speichergebäuden, die auf vier Pfosten errichtet waren. "Bedingt durch die Viehwirtschaft dienten solche kleinen Bauten sehr wahrscheinlich als Heuspeicher, die eine Zufütterung des Viehs während der Wintermonate ermöglichten", erklärt Dr. Spiong. Speicher für Saatgetreide, die eine intensive Landwirtschaft bezeugen, wurden zur selben Zeit im Paderborner Raum in großer Anzahl angelegt und stellten sich als teilweise über zwei Meter tiefe Gruben dar. Derlei Konstruktionen fehlen bei den neu entdeckten Höfen in Bad Wünnenberg allerdings vollständig. Zwar zogen schon mindestens seit etwa 1500 v. Chr. Menschen mit ihren Viehherden durch das Aftetal und bestatteten ihre Angehörigen unter Grabhügeln auf den angrenzenden Höhen. Feste Siedlungen dieser älteren Epoche sind aber in dieser Region bisher unbekannt.
Christoph Rüther, Bürgermeister von Bad Wünnenberg, freut sich über den archäologischen Fund: "Neben den bekannten bronze- und eisenzeitlichen Grabhügeln sowie einem bedeutenden frühmittelalterlichen Gräberfeld zeigt sich hier wieder einmal die reiche Kulturlandschaft in unserem Stadtgebiet. Die besondere Siedlungsgunst unserer Region wussten die Menschen schon vor über 2.000 Jahren zu schätzen."
Diese günstigen Siedlungsumstände waren es, die die LWL-Archäologen bereits seit längerem ein Bodendenkmal in Bad Wünnenberg vermuten ließen. Durch die frühzeitige Abstimmung zwischen LWL und städtischer Denkmalbehörde konnte bereits im Januar das Bodendenkmal bestätigt und so Verzögerungen im Baufortschritt des Neubaugebietes verhindert werden.
Bereits in wenigen Tagen werden die Untersuchungen des Grabungsteams vor Ort abgeschlossen sein. Die archäologischen Forschungen aber gehen weiter. So konnte Grabungsleiter Dr. Wolfgang Messerschmidt eine Grube als Kühllager für Lebensmittel ausmachen und hier eine größere Anzahl von Keramikscherben bergen: "Die einfache grobe Gebrauchskeramik lässt sich leider nur allgemein in die Vorrömische Eisenzeit, also in die ersten fünf Jahrhunderte v. Chr. datieren. Deshalb haben wir Holzproben entnommen, die uns eine noch genauere Datierung erlauben." Wahrscheinlich habe die Siedlung nur eine Generation lang bestanden, so Messerschmidt. "Umso erstaunlicher, welch umfassende Hinweise sie auf die frühe Lebensweise der Bad Wünnenberger gibt."