So deutet vieles darauf hin, dass das römische Dorf ("Vicus") weit größer war als bislang vermutet. Die Siedlung verlief nicht nur entlang der von Mainz nach Trier führenden römischen Fernstraße (heute oftmals Via Ausonia genannt), sondern verzweigte sich auch in Seitenstraßen. Somit dürfte der Tempelbezirk nicht außerhalb, sondern innerhalb oder am Rande des Dorfes gelegen haben. Weitere Erkenntnisse über die Siedlung sind von Grabungen zu erwarten, die in den kommenden Wochen in unmittelbarer Nähe des Kreuzungsbereichs der Bundesstraßen B327 und B50 beginnen.
Mindestens drei Tempel, so schließen die Wissenschaftler aus den Funden, müssen in dem Bezirk gestanden haben, in dem derzeit gegraben wird. Erstmals stießen die Archäologen in diesem Tempelbezirk auf Reste von Holzbebauung: Ein Indiz dafür, dass die Römer ihre in Stein errichteten Kultstätten auf keltischen Vorläufern gebaut haben.
So sehr sich die Archäologen über die Schätze freuen, die sie aus den Feldern gehoben haben; die enorme Anzahl setzt sie andererseits unter Zeitdruck. Wo jetzt noch Schildchen die knapp 200 Fundstellen auf dem rechteckigen Grabungsfeld markieren, werden bereits im kommenden Jahr Baumaschinen rollen. Bis dahin müssen alle Funde sorgfältig bearbeitet und registriert sein. Denn schon bald werden ein Verkehrskreisel und eine Zubringerstraße für die neue B50 den östlichen Bereich der keltisch-römischen Kultstätte versiegeln. "Wir sind jetzt damit beschäftigt, die Befunde Stück für Stück freizulegen. Wir hoffen, dann Strukturen zu erkennen, die uns einen möglichst präzisen Aufschluss über die Bebauung des Tempelbezirks geben", erläutert Rosemarie Cordie die weiteren Schritte.
Die hervorragenden Grabungsergebnisse sind nicht zuletzt der Kooperation des "Belginum" mit der Universität Trier zu verdanken. Geoinformatiker und Umweltwissenschaftler der Universität unterstützen die Archäologen beispielsweise durch Luftbilder aus einem ferngesteuerten Quadrocopter (Drohne) und Hyperspektral-Scans aus einem Flugzeug. Aus den Aufnahmen und Daten lassen sich Hinweise auf ungewöhnliche Bodenformationen oder Bewuchs und damit potenzielle Fundstellen ermitteln. Wissenschaftler und Studierende der Universität Würzburg tragen zudem mit geoelektrischen Messungen dazu bei, tiefere Bodenschichten und größere Flächen ohne Grabungsarbeiten untersuchen zu können. "Für uns Archäologen sind diese Methoden weitgehend neu. Sie bringen uns einen enormen Erkenntnisgewinn", gewinnt Rosemarie Cordie der Zusammenarbeit nur positive Seiten ab.
"Die Erwartungen der Universität an die Kooperation haben sich nicht nur erfüllt, sondern sind übertroffen worden. Über die Gemeinschaftsarbeit bei den Grabungen hinaus ist Belginum ein sehr interessantes Praxis- und Versuchsfeld für Wissenschaftler und Studierende. Archäologie war schon immer interdisziplinär und das wird hier intensiv gelebt", ergänzt Prof. Dr. Torsten Mattern, Geschäftsführer des Fachs Klassische Archäologie der Universität Trier.