Ein bisher unbekannter Kirchenbau am Fuße des Erfurter Domberg
Sehr überraschend kamen bei Ausgrabungen am Fuße des Erfurter Domberges Überreste einer bisher unbekannten romanischen Kirche zu Tage.
Der Erfurter Domberg wird bestimmt von der Silhouette des größtenteils gotischen Bauten des Domes und St. Severi. Romanische Bauteile sind am Dom unschwer zu erkennen, bei St. Severi fehlen ältere Bauphasen. Urkundliche Überlieferungen belegen neben den beiden Kirchen auf oder am Domberg ein älteres Paulskloster und die Burg des Mainzer Erzbischofs.
Von ersterem glaubte Behm-Blancke in den 1960er-Jahren Teile nördlich der St. Severi-Kirche freigelegt zu haben. Zur bischöflichen Burg wird der sogenannte Bonfatius-Turm als letzter Baurest gerechnet, der sich nordöstlich der Severi-Kirche befindet. Alle Bauten liegen auf dem Plateau des Berges, teilweise in 3,5 m Tiefe.
Völlig unerwartet kamen nun an der Ostseite des Domberges Baureste ans Tageslicht, die zu den bisherigen Theorien der romanischen Kirchenlandschaft im Widerspruch stehen. Im Zusammenhang mit Erdarbeiten für einen Biergarten wurden wenig oberhalb des Domplatzes bislang drei Apsiden freigelegt.
Die etwa 8 m hohe Stützmauer, die das Plateau des Domberges nach Osten begrenzt, ist auf diese Mauerreste gegründet. So erklärt sich auch die merkwürdige Linienführung der Stützmauer, die zwei Vorsprünge aufweist, einen rechteckigen und einen abgerundeten. Sie folgte damit dem Verlauf des älteren Mauerwerks.
Erhalten sind bis zu zwei Lagen des aufgehenden Mauerwerks, die äußeren Schalen aus großen Sandsteinblöcken weisen romanische Profile auf, nach denen die Anlage in das 12. Jh. datiert werden kann. Die beiden südlichen Apsiden zeigen außerdem in regelmäßigen Abständen Lisenen. Die nördlichste ist so weit abgetragen, dass nur die unterste Lage des aufgehenden Mauerwerks erhalten ist.
Diese Steine zeigen jedoch das gleiche Profil wie die der anderen Apsiden, die Zusammengehörigkeit kann daher angenommen werden. Die punktuell feigelegten Fundamente bestehen wie das opus spicatum des Füllmauerwerkes aus Muschelkalksteinen.
Ungewöhnlich ist die Anordnung der Apsiden: Zwei haben eine Breite von etwa 11 m, die kleinere dazwischen hat eine Breite von etwa 4 m. Nach dem üblichen Bauschema der Romanik kann man daher vermuten, dass sich südlich des bislang freigelegten Bereichs eine weitere Apsis befindet, nach der noch gesucht werden soll. Die nördlichste Apsis könnte zu einer angebauten Kapelle gehören, dies lässt sich jedoch beim jetzigen Forschungsstand nicht belegen.
Östlich der Apsiden konnte ein massiver Abbruchhorizont freigelegt werden, der neben Steinbruch zahlreiche Fragmente von profilierten romanischen Stuckteilen enthält. Auch hier gehen die Arbeiten noch weiter, bislang sind schon zahlreiche, teilweise auch farbig gefasste Stücke geborgen worden. Angesichts ihrer Bedeutung – aus Thüringen ist bisher nur wenig romanischer Stuck bekannt – wird der Abbruchhorizont in Teilen geborgen und durchgesehen.
Die freigelegten Apsiden werden konserviert und bleiben für die Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich. Bilden sie doch für den Biergarten neben dem Blick auf Dom und Severi eine weitere Attraktion.