Jahrhundertelanges Rätselraten beendet
Forscher entdecken Pepouza, den heiligen Ort der antiken Montanisten
Unter Heidelberger Beteiligung gelang es einem internationalen Forscherteam, das Jahrhunderte alte Geheimnis um Pepouza, den lange verschollenen Hauptsitz und heiligen Ort der antiken Montanisten, durch eine archäologische Entdeckung zu lüften. Prof. Peter Lampe von der Universität Heidelberg und der Montanismusexperte Prof. William Tabbernee aus Tulsa, USA, entdeckten mit ihren Teamkollegen in einem unzugänglichen Flusstal südlich von Usak (Türkei) einen bisher der wissenschaftlichen Welt nicht bekannten Siedlungsplatz aus römischer Zeit.
Dem Expertenteam, das sich bei seiner Suche auf antike Dokumente stützte, gelang es, diesen Ort als das von den antiken Montanisten zu ihrem Hauptsitz erkorene Pepouza zu identifizieren. Mit Unterstützung mit dem vor Ort zuständigen Direktor des Archäologischen Museums in Usak, Kazim Akbiyikoglu, leitete Prof. Lampe aus Heidelberg eine intensive archäologische Oberflächenuntersuchung dieser historisch bedeutsamen Siedlungskammer des antiken Phrygien ein.
Prof. Tabbernee erläuterte zu dem Fund: "Schlüssel zur Identifizierung des bisher unbekannten Siedlungsplatzes als Pepouza war ein mit der Stadt verbundenes Kloster, das in den antiken literarischen Quellen wiederholt auftaucht. Als wir das unzugängliche Tal abwanderten, boten sich unseren Augen zunächst Reste einer römischen Straße, einer Brücke sowie ein weitläufiger antiker Friedhof neben Resten einer größeren Stadtsiedlung.
Etliche hundert Meter weiter erklommen wir sodann einen in den Felsen gehauenen umfangreichen Klosterkomplex mit antiken Graffiti." Im Verlauf des Survey wurden noch weitere Geländemerkmale erkannt, die mit den Hinweisen der antiken Quellen über Pepouza übereinstimmen.
"Seit über einem Jahrhundert," so Lampe, "bemühten sich die Gelehrten um die Identifizierung Pepouzas. Sie schlugen in dem in Frage kommenden phrygischen Gebiet zahlreiche antike Siedlungsstätten vor, doch keiner dieser Orte wies den von den antiken Schriften genannten Klosterkomplex auf. Das Rätsel Pepouzas kann als gelöst gelten."
Um 165 n.Chr. entstand in Phrygien in Kleinasien der Montanismus. Es handelt sich dabei um eine von frühen Christen gegründete prophetisch-charismatische Bewegung, in der ekstatische Elemente eine große Rolle spielten. Bereits im 2. Jahrhundert träumten die Montanisten davon, in Pepouza würde beim Weltende das am Ende der christlichen Bibel beschriebene "Neue Jerusalem" aus dem Himmel auf die Erde herabkommen. Ein Besonderheit dieser Bewegung stellte der hohe Einfluss von Frauen dar. So stand zum Beispiel das Priesteramt beiden Geschlechtern offen.
Die Bewegung breitete sich rasch über das gesamte Römische Reich aus, fasste auch in Rom und Konstantinopel Fuß. Sehr bald wurde diese eigenständige Kirche verketzert, der Beeinflussung durch den "heidnischen" Kult der Muttergottheit Kybele verdächtigt und von den christlichen Kaisern ab dem 4. Jahrhundert zugunsten eines konservativeren Christentums verfolgt. Pepouza mit seinem Schrein der Gebeine des Propheten "Montanus und seiner Frauen" zog als heiliges Zentrum die Menschen an, bis 550 n.Chr. kaiserliche Soldaten den Schrein zerstörten und andere Gebäude der Montanisten, einschließlich ihres Klosters, konfiszierten.
Auch im nächsten Jahr wird es einen weiteren umfangreichen Survey geben und das Team durch Kartographen der Fachhochschule Karlsruhe begleitet werden. Der Survey wird nicht nur die christliche Epoche dieser Siedlungskammer erfassen, sondern es auch die früheren und späteren Siedlungsphasen sollen erforscht werden. So ist eventuell in einer in Flussnähe gelegenen Höhle neolithisches Fundmaterial zu erwarten und an einer anderen Stelle des Tales sind Spuren des antiken Kybelekultes erkennbar.