Zum Schutz gegen spanische Truppen
»Leider wurde die Stadtbefestigung viel zu spät erbaut«, erklärt LWL-Archäologe Dennis Becker. Deshalb und wegen der geringen Besatzungsstärke habe man sich Ende des 16. Jahrhunderts nicht vor einer Eroberung durch spanische Truppen schützen können. »Die Ochtruper Stadtgeschichte macht diese Episode aber umso spannender.« So hoffen die Archäologinnen, dank der seit August laufenden Ausgrabung an der Dränke 1 bis 5 neue Erkenntnis zur Besiedelung zu gewinnen.
Die Untersuchungsfläche befindet sich im nordöstlichen Randbereich des mittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Stadtkerns von Ochtrup, der sich ab dem 9. bzw. 10. Jahrhundert um die Pfarrkirche St. Lambertus entwickelt hat. »Nordöstlich des Kirchdorfs vermuten wir die ehemalige Siedlung Dränke, welche möglicherweise schon vor 1000 n. Chr. bestand, und Namensgeber der heutigen Straße ist«, erklärt Grabungsleiter Dr. Ulrich Holtfester. Im Zuge der Anlage der Stadtbefestigung ab 1593 wurde Dränke geteilt und das Pastorat innerhalb der Wallanlagen verlegt. Der kleinere westliche Teil der Siedlung wurde dort mit eingefasst, der größere Teil aber blieb außerhalb der Stadtbefestigung. Ein anderer Teil der Siedlung ging ganz verloren.
Die Befestigungsanlage selbst bestand aus einem Wassergraben, der Gräfte, einem Wall und zwei Toren, bekannt unter dem Namen Weiner- und Bergtor. Becker: »Ein drittes Tor ist belegt. Wir wissen aber nicht, wo genau es stand.« Das Weinertor und das Bergtor verbanden die Verkehrswege durch Ochtrup nach Süden Richtung Coesfeld und Nienborg sowie nach Westen Richtung Gronau und Bentheim. Eine direkte Verbindung nach Osten Richtung Langenhorst und Münster gab es zunächst nicht. »Sie muss später durch das dritte Stadttor ergänzt worden sein«, so Becker.
Trotz der Befestigungsanlage hatte Ochtrup den spanischen Truppen wenig entgegenzusetzen und wurde 1599 besetzt. Ein großer Brand im selben Jahr zerstörte die Stadt zu einem großen Teil und markiert den Tiefpunkt der mittelalterlichen Stadtgeschichte.
»Zu den spannendsten Entdeckungen unserer aktuellen Ausgrabung zählen zweifelsohne die baulichen Befunde«, so Holtfester. Hierbei handelt es sich um den rückwärtigen Teil eines sich bis in den Straßenbereich erstreckenden Gebäudes. Die erhaltenen Grundmauern bestehen aus sorgfältig, lagenweise vermauerten Bruchsteinen. »Die nördliche Außenmauer ist über sieben Meter lang und bis 1,80 Meter hoch. Sie wurde in den Graben der Befestigungsanlage hineingebaut und die Fundamentunterkante dem Gefälle des Grabens angepasst.«
Im Inneren des Gebäudes setzen Backsteinmauern an die Sandsteinmauer an. »Die unterschiedliche Materialbeschaffenheit zeugt von einer Nutzung und Umgestaltung des Gebäudes bis ins 19. Jahrhundert«, so Holtfester weiter. Im Gebäude stießen die Archäologen auf vierkantig behauene Pfosten aus Eiche. Ihre Datierung und Funktion ist noch unbekannt. »Sie wurden in die verfüllten Graben hineingerammt.«
Überreste eines weiteren Gebäudekomplexes fanden Archäologinnen im nordwestlichen Bereich der Fläche. Holtfester: »Hierbei handelt es sich um ein rechteckiges Gebäude aus Bruchsteinfundamenten, dass in Richtung Norden an die südliche Außenmauer eines weiteren, größtenteils außerhalb der Untersuchungsfläche liegenden Gebäudes angrenzt.« Auch seine Funktion ist noch offen.
Nähere Informationen zu Datierung und Funktion der Gebäudereste erhoffen sich die Fachleute von der Verfüllung des Grabens und einer künstlich abgegrabenen Senke im nordöstlichen Bereich der Fläche. Holtfester erklärt: »Hier haben wir eine große Menge frühneuzeitlicher und neuzeitlicher Keramik geborgen. Dabei handelt es sich überwiegend um Malhornware, die in den damals zahlreichen in Ochtrup ansässigen Töpfereien hergestellt wurde.« Der Name geht auf die gleichnamige Dekortechnik zurück.
Unter den Keramikfunden finden sich ebenfalls zahlreiche Fehlbrände. Hieraus schließen die Archäologen, dass die Töpfereien an dieser Stelle ihre Abfälle entsorgten. Mittelalterliche Keramik ist kaum vertreten. Die wenigen Funde stammen aus einer Kulturschicht, die im südöstlichen Randbereich der Fläche erhalten geblieben ist und aus dem Spätmittelalter stammt. Grabungsleiter Holtfester: »Wir gehen davon aus, dass die mittelalterlichen Siedlungshorizonte durch den Bau der Befestigungsanlage und flächendeckende Bodeneingriffe in jüngerer Zeit verlorengegangen sind.«
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