Wie das Wasser nach Xanten kam
Mit Hilfe der Luftbildarchäologie untersuchen sie nun das gesamte Wasserversorgungssystem der einstigen römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana. Mit einem Leichtflugzeug wird das Gebiet in einem Radius von etwa zehn Kilometern rund um die heutige Stadt Xanten aus der Luft erkundet. Hierbei verraten zahlreiche, heute nur noch unterirdisch erhaltende Bodendenkmäler der Römer - beispielsweise Militärlager, Siedlungen, Wasserleitungen, Straßen und Gräberfelder - indirekt durch Wachstumsunterschiede in Getreidefeldern ihre Lage, Form und Größe. Die neuen Entdeckungen überprüfen und vermessen die Forscher anschließend am Boden.
Schlecht für die Landwirtschaft, gut für die Forschung
Möglich war die Entdeckung nur durch die Luftbildarchäologie, einem Forschungsschwerpunkt des Instituts für Archäologische Wissenschaften der RUB. Unter Federführung von Dr. Baoquan Song gingen die Forscher im vergangenen April in die Luft, um die zuvor vermutete Trasse des Aquädukts mit ihren Luftbildaufnahmen auf den Punkt genau zu bestimmen. "Wegen der extremen Trockenheit waren die Ackerpflanzen insgesamt deutlich im Wachstum zurückgeblieben. Zudem reagieren sie unter solch extremen Bedingungen besonders stark auf unterschiedliche Bodenverhältnisse", erklärt Dr. Song: "Für die Landwirtschaft sind solche Verhältnisse katastrophal - der Luftbildarchäologie bieten sie hingegen ungewöhnlich gute Bedingungen."
Bisher bekannte Quellen reichten nicht
Der Lufterkundung voraus ging eine wasserwirtschaftliche Analyse der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft: Sie ergab, dass die bisher bekannten Quellen schon nicht für die Versorgung der Großen Thermen, geschweige denn weiterer Großnutzer ausgereicht haben können. Es muss deshalb weitere Quellen gegeben haben, deren Wasser in Kanälen auf bisher noch gar nicht in den Blick genommenen Trassen in die Colonia geflossen ist. Diese Trassen können aufgrund der Topographie nur an einer einzigen Stelle in einem Sammelbecken zusammengeführt worden sein. Im weiteren Verlauf der Wasserleitung muss es dann östlich der heutigen Straße zwischen Sonsbeck und Xanten (der sog. "Furth") einen mehrere Kilometer langen Aquädukt gegeben haben. Dieser Bereich war in der Antike eine fast unüberwindliche, sumpfige Senke, die nur von einer gut befestigten Militärstraße durchquert wurde. Heute ist sie trockengelegt und wird landwirtschaftlich genutzt.
Bewuchsanomalien zeigen den Verlauf
Bei mehreren Flügen haben die Bochumer Forscher die hypothetischen Trassen genau inspiziert und fotografiert. An zwei Stellen erkannten sie Bewuchsanomalien, die dem Verlauf einer Wasserleitungstrasse entsprechen. Im Bereich der Furth fanden die Wissenschaftler auf einem mit Gerste bestellten Acker eine signifikante Bewuchsanomalie: In einer Linie liegend erscheinen auf den Luftbildern zwei Abschnitte mit einer Folge von Punkten parallel zu Straße. Sie repräsentieren allem Anschein nach eine Pfeilerreihe des Aquäduktes über eine Länge von mehr als 250 Metern.
Auf der Spur des römischen Leitungssystems
Den fotografisch dokumentierten Befund haben die Forscher anschließend mit Genehmigung der Grundeigentümer und Pächter der Ackerflächen am Boden in Augenschein genommen und vermessen. "Die Daten erlauben konkrete Rückschlüsse über die Bauweise des Aquäduktes", so Dr. Song. Für die weitere Forschung sind sie entscheidend, weil sie die These der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft stützen, dass die Römer in Xanten ein einheitliches und umfangreiches Leitungssystem gebaut hatten. Durch die neuen Kenntnisse von Lage und Aussehen des Aquäduktes über die Furth gewinnt dieses ausgeklügelte System weiter an Kontur.
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