Villa rustica mit Blick über den Bodensee
Direkt unter dem Humus zeigten sich mehrere Mauern der älteren Bebauung, die die anschließende Rettungsgrabung erforderlich machten. Das beauftragte Grabungsunternehmen dokumentierte unter der Leitung von Dr. Ralf Keller die Befunde in einem Zeitraum von vier Wochen. Wie sich im Zuge der Grabungen herausstellte, sind die Funde deutlich älter als zunächst erwartet. Die Mauern gehören zu einem römischen Gebäude, das teilunterkellert war. Die Wände des Kellerraumes aus sogenanntem Zweischalenmauerwerk waren ursprünglich verputzt, der Kellerboden besaß einen Mörtelestrich. Man erreichte den Keller über zwei Zugänge. Im Nordosten führte eine Treppe und im Süden eine Rampe in das Untergeschoss, in welchem wohl Vorräte gelagert wurden. Auch wenn der Ostteil des Gebäudes durch frühere und aktuelle Baumaßnahmen schon zerstört war, wird deutlich, dass das Haus Teil einer größeren Gesamtanlage einer sogenannten Villa rustica, einem römischen Gutshof war. Solche Anlagen setzen sich in der Regel aus verschiedenen von einer Hofmauer umgebenen Gebäuden, darunter Wohnhaus mit Bad, Stallungen und Wirtschaftsgebäuden zusammen und versorgten die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln.
Dass es in Aufkirch einen römischen Gutshof gab, war bisher nicht bekannt. Neben dem Einzelfund einer römischen Münze aus Aufkirch, die dem 2. Jahrhundert nach Christus zuzuordnen ist, sind bislang auf Überlinger Gemarkung nur römische Scherben aus einer Mittelaltergrabung in der Christophstraße und mehrere Einzelfunde in Ufernähe bekannt. Auch über das Siedlungs- und Straßennetz im Hinterland des Überlinger Sees weiß man nicht viel. Nur vereinzelt und ausschnittsweise konnten Fundstellen wie ein Gutshof bei Bambergen überhaupt archäologisch untersucht werden. Das jetzt aufgedeckte Gebäude bildet daher einen wichtigen Baustein für die Kenntnis der Römerzeit am See. Das Gebäude wurde wohl vom ausgehenden 1. Jahrhundert nach Christus bis zum Ende der römischen Besetzung um die Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus genutzt und während seiner Nutzung mehrmals umgebaut. Eine Brandschicht im Kellerabgang könnte mit dem Ende des Gutshofs in Zusammenhang stehen. Mauersteine aus der römischen Ruine dürften noch im Mittelalter beim Bau der Michaelskirche Verwendung gefunden haben.
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