Untersuchungen an Römischer Siedlung mit Tempelanlage in Neuenstadt am Kocher werden fortgeführt

Im Fokus stehen private und öffentliche Gebäude der damaligen Siedlung

Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart wird seine archäologischen Untersuchungen an der Römischen Siedlung mit Tempelanlage in Neuenstadt am Kocher in den nächsten drei Jahren fortführen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit 700 000 Euro und bezeugt damit die außerordentliche Bedeutung der Fundstelle für die Archäologie in Deutschland. Im Zentrum der neuen Untersuchungen stehen private und staatliche Gebäude der damaligen Siedlung. Der Beginn der Untersuchungen ist für das Frühjahr geplant.

Tempel-Grabung
Der Apollo-Grannus-Tempel, Grabung 2007-2013. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart / O. Braasch

Dass in Neuenstadt am Kocher schon vor Jahrtausenden Menschen gelebt haben, ist bereits seit dem Fund antiker Inschriften Ende des 16. Jahrhunderts bekannt. Beim Einsatz der modernen Luftbildarchäologie in den 1980er Jahren durch das damalige Landesdenkmalamt zeigte sich jedoch das wahre Ausmaß der einstigen Besiedlung: Die Untersuchungen ergaben, dass sich am Nordufer des Kochers im 2. und 3. Jahrhundert eine mindestens 25 Hektar große römische Stadtanlage befand – ihre Entdeckung gehörte zu den bisher spektakulärsten Ereignissen der baden-württembergischen Denkmalpflege.

Schon in den Jahren nach der Entdeckung hatten immer wieder geophysikalische Prospektionen (geomagnetische und geoelektrische Untersuchung des oberen Bereichs des Erdbodens) und kleinere Sondagegrabungen stattgefunden. Sie erbrachten neue Erkenntnisse über die Ausdehnung, die Struktur, die Erhaltung und die Geschichte dieses herausragenden Bodendenkmals.

In den Jahren 2007 bis 2013 konnte zuletzt mit Mitteln der Landesdenkmalpflege im Zentrum der Stadt ein Gebäudekomplex vollständig untersucht werden. Wie sich herausstellte, handelte es sich um den Haupttempel der Stadt, der dem keltisch-römischen Heilgott Apollo-Grannus geweiht war. Der Tempel macht jedoch nur einen kleinen Teil der antiken Stadtanlage aus. Viele weitere private und öffentliche Bauwerke ruhen noch unter dem Ackerboden. Im Mittelpunkt der neuen Feldforschungen werden zwei große Gebäude stehen: Bei dem einen handelte es sich vermutlich um einen staatlichen Verwaltungsbau, bei dem anderen um einen palastartigen Wohnbau.

Ziel des Projekts ist nicht nur die Erforschung der lokalen Bedeutung der Anlage. Zusätzlich soll untersucht werden, mit welchen Maßnahmen im zivilen Bereich das Römische Reich seine militärische Expansion unterstützt hat. Daher konzentrieren sich die geplanten Untersuchungen zunächst auf die öffentlichen Gebäude der Stadt und ihre Geschichte.

Das Projekt mit dem Titel »Siedeln in dynamischen Räumen. Neuenstadt am Kocher und die Civitas Aurelia G(…) als Modell für Urbanisationsprozesse in römischen Grenzzonen des 2. Jahrhunderts nach Christus« wird zusammen mit dem Archäologischen Institut der Universität Bamberg durchgeführt. Auch die Integration von Ehrenamtlichen ist vorgesehen.

Luftbild des römischen Stadtzentrums
Bei trockenem Frühsommerwetter zeichnen sich die Steinbauten des römischen Stadtzentrums im überwiegend grünen Getreide noch heute deutlich ab, Foto: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart / O. Braasch
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