Überraschung zum Grabungsende in Leinfelden-Echterdingen
"Bemerkenswert sind die zahlreichen Hausgrundrisse, die bei den Ausgrabungen dokumentiert wurden. Rund 35 der teils über 20 Meter langen Häuser der frühesten Bauern bei uns im Land zeigen, dass hier vor rund 7000 Jahren ein Dorf wohl über mehrere Generationen existierte. Wir konnten große Teile des Dorfplanes im Zuge der flächigen Ausgrabungen freilegen", sagt Dr. Jörg Bofinger, Leiter des Referats Operative Archäologie am Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart.
Die Scherben jungsteinzeitlicher Gefäße geben aufgrund ihrer typischer Machart, Gefäßformen und Verzierungsmuster Hinweise auf die chronologische Einordnung der Siedlung, wodurch sich das Dorf der frühesten bäuerlichen Kultur in Mitteleuropa, der sogenannten "Linearbandkeramischen Kultur", zuordnen lässt. Die Kultur ist benannt nach der typischen Verzierungsweise der Keramikgefäße mit eingeritzten bandförmigen Mustern und datiert in die zweite Hälfte des 6. Jahrtausends v. Chr.
Zwei Wochen vor Grabungsende stießen die Ausgräberinnen und Ausgräber während der Freilegung einer Siedlungsgrube auf das Skelett einer Frau, die in der für die frühe Jungsteinzeit typischen Hockerlage auf der Grubensohle beigesetzt wurde. Eine Feuersteinklinge und ein Miniaturgefäß fanden sich – wohl als Grabbeigaben – neben der Toten. Die Tote dürfte noch während der Nutzungszeit des Dorfes dort im südwestlichen Siedlungsbereich beerdigt worden sein.
"Siedlungsbestattungen, gerade aus dieser frühen Zeit, gehören nicht zu den alltäglichen Entdeckungen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist der Fund für uns vor allem deshalb interessant, da wir die Skelettreste mittels Radiokarbon-Datierung untersuchen können und so die Möglichkeit einer genaueren zeitlichen Einordnung haben", erläutert Jörg Bofinger. "Daneben wird eine umfassende wissenschaftliche Analyse des Skeletts erfolgen, dazu gehört die detaillierte Alters- und Geschlechtsbestimmung, die Untersuchung des Knochenmaterials auf Verletzungen bzw. Krankheitshinweise oder Spuren der Ernährungsgewohnheiten", skizziert Bofinger das weitere Vorgehen.
Mit der Toten aus den "Schelmenäckern" tritt die steinzeitliche Bevölkerung selbst in Erscheinung und nicht nur in Form ihrer materiellen Hinterlassenschaften bzw. Spuren im Boden. Mit Blick auf das kulturelle Erbe der Stadt und der Region konnten dank der Ausgrabungen wichtige Fakten und Erkenntnisse zur Besiedlungsgeschichte der Filderregion gewonnen werden.
"Die Stadt Leinfelden-Echterdingen ist froh, dass die Ausgrabungen termingerecht abgeschlossen werden konnten. Die geplanten Wohn- und Geschäftshäuser sollen so früh wie möglich gebaut werden", so Eva Noller, Erste Bürgermeisterin der Stadt Leinfelden-Echterdingen. "Zwar haben die archäologischen Untersuchungen eine nicht unerhebliche Summe Geld gekostet, aber die Ergebnisse rechtfertigen die Kosten. Ich möchte auch die sehr gute Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Denkmalpflege, der Grabungsfirma ArchaeoBW und der Stadt Leinfelden-Echterdingen betonen und allen Beteiligten danken, dies hat maßgeblich zum Erfolg des Projektes beigetragen.“
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