Überraschende Erkenntnisse zum Verschluss der Grabkammer der Cheops-Pyramide
Mit der Vorführung lieferte Dorka wichtige Erkenntnisse zum Verschluss-Mechanismus in der sogenannten Fallsteinkammer im Herzen der Pyramide. In diesem einzigen Zugang zur Grabkammer des Cheops wurden nach der Beisetzung des Pharao etwa 2500 vor Christus drei tonnenschwere Granitblöcke hintereinander heruntergelassen, um die Kammer bis in alle Ewigkeit zu versiegeln. "Das Verschließen der Grabkammer war ein bedeutender ritueller Akt, der einen angemessenen Ablauf verlangte. Für den gottgleichen Cheops wurde dazu extra ein Mechanismus neu entwickelt, der zu jener Zeit einen magischen Eindruck gemacht haben muss. Da wurde nicht einfach nur die Tür zugemacht", erklärte Dorka.
Doch wie wurden die Steine nach der Beisetzung – auf engstem Raum und ohne Maschinen – herabgelassen? Nach den Erkenntnissen des Kasseler Ingenieurwissenschaftlers liegt das Geheimnis in einer geschickten Führung der Hanf-Seile, die die Blöcke umschlingen und sie an der Aufhängung halten: Die Reibung zwischen Seil und Blöcken ist dadurch so hoch und die Quader werden so stark gebremst, dass zwei Personen ausreichen, um sie kontrolliert abzulassen. Walzen oder andere bewegliche Teile waren nicht nötig.
Dorka hat für seine Untersuchungen die Fallsteinkammer, also den Durchgang zwischen der Grabkammer des Cheops und der sogenannten "Großen Galerie" der Pyramide, originalgetreu nachgebaut – einschließlich Nuten und anderen wichtigen Details der Verschluss-Vorrichtung. Die Verschlussblöcke selber und deren Aufhängung gingen im Laufe der Jahrtausende zwar verloren, lassen sich aber gut rekonstruieren: Die drei jeweils 2,5 Tonnen schweren Granitblöcke hingen an vier Seilen, die über Rundhölzer liefen. Derartige Rundhölzer findet man in der älteren Pyramide von Meidum, wo sie unbeweglich gelagert sind und Kupferbleche das Holz vor Beschädigungen durch die Seile schützten. Genau so haben Dorka und sein Team sie auch hier eingesetzt und damit eine Vielzahl von möglichen Seilführungen untersucht. "Die technischen Lösungen, die wir präsentieren, bauen schlüssig auf archäologischen Befunden auf", so Dorka.
Anders als häufig angenommen, waren demnach keine großen Kräfte nötig, um die Steine herabzulassen. Die Messungen ergaben nur wenige 100 Newton an den Seil-Enden, wie Dorka und sein Team an diesem Freitag an der Universität Kassel demonstrierten. Dafür sorgt die Reibung zwischen Seil und Block. "Wir haben gezeigt, dass man den Mechanismus praktisch nur auslösen muss. Den Rest besorgt das geniale Design der damaligen Schreiber. Die konnten mit ihren Schlüsseltechnologien offensichtlich exzellent umgehen", so der Kasseler Wissenschaftler. Auch bewegliche Walzen gehörten nach Dorka nicht dazu: "Die hätten bei diesen Gewichten Hochleistungslager gebraucht. Und dafür gibt es aus dieser Zeit keinerlei archäologischen Befunde."
Dorka leitet an der Universität Kassel das Fachgebiet Stahl- und Verbundbau im Institut für konstruktiven Ingenieurbau. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die Sicherung antiker Bauwerke. So entwickelte er bereits ein Sicherungssystem gegen Erdbeben für griechische Tempel. "Zur Archäologie können die Ingenieurwissenschaften extrem wertvolle Beiträge liefern, indem sie technische Hypothesen mit ihren Methoden überprüfen", erklärt Dorka. "Bislang geschieht das noch viel zu selten." Die aufwändige Versiegelung, die die Erbauer der Pyramide erdacht hatten, hatte übrigens nicht den gewünschten Effekt: Die Grabkammer des Cheops wurde schon vor tausenden von Jahren geplündert.
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