Studie ermittelt Ausmaß und Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs nach der letzten Eiszeit
Bisher waren die Geschwindigkeit und das Ausmaß des Meeresspiegelanstiegs während des frühen Holozäns nur unzureichend bekannt. Es mangelte an soliden geologischen Daten aus dem Zeitraum. Die Forschenden analysierten in ihrer Studie einen einzigartigen Datensatz aus dem Gebiet, das einst das sogenannte Doggerland war – eine versunkene Landbrücke zwischen Großbritannien und dem europäischen Festland. Mit dem Meeresspiegelanstieg wurde das Gebiet überflutet.
Die Grundlage für die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bildeten Daten unterschiedlicher Torflagen, die unter anderem aus der Deutschen Bucht durch Ausfahrten mit der BGR stammen. Die Datierung und damit die zeitliche Einordnung der Sedimente war die Basis für die Modellierung und wurde unter anderem am Geochronologie-Labor des LIAG durchgeführt. Die Radiokarbondatierung, auch als 14C-Methode bekannt, basiert auf der Bestimmung des radioaktiven Isotops 14C, welches mit einer Halbwertzeit von 5730 Jahren zerfällt. Dieses Isotop wird in den oberen Atmosphärenschichten gebildet und von allen Lebewesen und den Ozeanen aufgenommen.
Durch die Datierung und Analyse der Torfschichten sowie die Anwendung von Modellierungsverfahren konnten die Forschenden schließlich zeigen, dass der globale Meeresspiegelanstieg während zweier Phasen im frühen Holozän kurzzeitig einen Höchststand von mehr als einem Meter pro Jahrhundert erreichte. Zum Vergleich: Die derzeitige Anstiegsrate des Meeresspiegels an der Nordseeküste beträgt rund 3 mm pro Jahr – das entspricht 30 Zentimetern pro Jahrhundert – und wird voraussichtlich weiter steigen. Zudem gab es bislang erhebliche Unsicherheiten über den gesamten Meeresspiegelanstieg zwischen 11.000 und 3.000 Jahren vor unserer Zeit. Schätzungen schwankten zwischen 32 und 55 Metern. Die neue Studie hat diese Unsicherheit beseitigt und zeigt, dass der gesamte Anstieg etwa 37,7 Meter betrug.
"Die Ergebnisse aus der Analyse der Sedimente liefern erstmalig genaue Daten aus dem versunkenen Doggerland und damit wichtige Erkenntnisse aus dem Zusammenspiel zwischen Klima, Eisschmelze und Meeresspiegelanstieg", erklärt Prof. Dr. Manfred Frechen, Co-Autor und Leiter der Forschung und Messungen für die Studie im Geochronologie-Labor des LIAG. "Diese Vergleichswerte können als Grundlage unterstützen, um sich auf die zukünftigen Veränderungen durch die anthropogen bedingte Erderwärmung und in dessen Folge den Meeresspiegelanstieg vorzubereiten."
Die neuen Erkenntnisse schließen eine bedeutende Wissenslücke zwischen früheren Rekonstruktionen von Eisschilden und Meeresspiegeldaten für diesen wichtigen Zeitraum. Sie sind als Vergleichswerte essenziell für die heutige Klimaforschung. Angesichts steigender Treibhausgaskonzentrationen prognostizieren Klimamodelle einen Meeresspiegelanstieg um bis zu einem Meter bis zum Jahr 2100, mehrere Meter bis zum Jahr 2300.
Publikation
Global sea-level rise in the early Holocene revealed from North Sea peats
Nature. 19.3.2025
DOI: 10.1038/s41586-025-08769-7
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