Spielstein und Torhaus: Einblicke in das römische Militärleben in Haltern
Damit haben sie sich also vor 2000 Jahren in Haltern am See die Zeit vertrieben: Den kleinen Spielstein aus weißem Glas schoben die römischen Legionäre, die im Hauptlager in Haltern am See stationiert waren, über inzwischen längst vergangene Spielbretter aus Holz. Neben solchen feinen Preziosen haben die Archäologen im Vorfeld der Realisierung des Römerparks Aliso in diesem Jahr auch Gebäudespuren entdeckt, die neue Einblicke in die Struktur des römischen Hauptlagers geben.
Es ist schon der zweite Spielstein, der im Zuge der diesjährigen Ausgrabung das Archiv der LWL-Archäologie für Westfalen bereichert. »Die Legionäre spielten damit Spiele, die mit dem heutigen Mühlespiel vergleichbar sind«, weiß Grabungsleiterin Dr. Bettina Tremmel. Aber auch ludus latrunculorum oder das so genannte Soldatenspiel waren als Vorläufer des Damespiels beliebter Zeitvertreib in der Antike.
Dr. Alfred Schreiber und Ute Gröbe sind jedenfalls stolz auf ihren Fund - und auf eine Münze, die Kaiser Augustus im antiken Lugdunum, dem heutigen Lyon, prägen ließ. Beides haben die beiden ehrenamtlichen Grabungshelfer entdeckt. Schon seit dem vergangenen Jahr unterstützen der historisch interessierte Rentner aus Werne und die medizinisch-technische Assistentin aus Dorsten die Archäologen bei ihren Ausgrabungen. Viel Freizeit und Leidenschaft investieren sie auf der Ausgrabung in die weitere Erforschung der Strukturen des römischen Hauptlagers in Haltern.
Die LWL-Archäologen haben im Hauptlager derweil ein Gebäude dokumentiert und erforscht, das sich nahe am Westtor in Form von Pfostenräbchen erkennen ließ. Es hatte eine rechteckigen Grundriss mit T-förmiger Verbreiterung zum Tor hin. Die 16,5 Meter lange Längsseite des Gebäudes steht mit einem Abstand von nur einem Meter sehr dicht und parallel an der Wehrmauer. Es handelt sich um ein so genanntes Torhaus. Es ist das erste seiner Art, das in Haltern nachgewiesen werden konnte. Vergleichbare Torhäuser sind in den Lippelagern Oberaden und Anreppen bekannt.
Fragen wirft ein ungewöhnlicher, fünf mal zehn Meter großer Holzbau außerhalb des Lagers auf. Den Bau haben die Römer mit der Schmalseite über dem Graben errichtet, den sie zuvor auf einer Länge von etwa zehn Metern zufüllten. Die Gebäudepfosten sind mächtiger als die Pfosten der Wehrmauer. Der Bau stammt aus der Zeit des Hauptlagers. Im Inneren befand sich eine, holzverschalte, fundleere Kastengrube, von der aus ein etwa ein Meter breiter Kanal Richtung Lippe führt. Dieser Kanal setzt sich noch 60 Meter lang fort, wie frühere Magnetometermessungen zeigen. Welche Funktion dieses Gebäude einmal hatte, ist noch nicht geklärt. »Wir haben inzwischen auch Bodenproben genommen, um mehr herauszubekommen«, sagt Bettina Tremmel.
Inzwischen ist der Bagger bereits angerückt, hat die alte Ausgrabungsfläche eingeebnet und im unmittelbaren Anschluss südlich davon den nächsten Ausgrabungsabschnitt vorbereitet. Auch Studenten vertiefen hier das praktische Wissen. Die Archäologen erwarten zusätzliche Erkenntnisse über den Verlauf der Holz-Erde-Mauer und der beiden Lagergräben sowie Einblicke in den Lageralltag anhand von verschiedenen Grubenstrukturen und den darin enthaltenen römischen Funden.
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