Spannungen im römischen Reich
Mit dem Heisenberg-Programm fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) herausragende junge Wissenschaftler, die schon alle Voraussetzungen erfüllen, um auf eine Professur berufen zu werden. Mit finanzieller Unterstützung der DFG können die Geförderten an einem Ort ihrer Wahl neue Projekte angehen, ihr wissenschaftliches Renommee weiter steigern und sich auf eine Leitungsfunktion in der Wissenschaft vorbereiten.
Dr. Felix K. Maier (36) aus Freiburg bekam 2017 von der DFG eine Heisenberg-Stelle zugesprochen. In den kommenden drei Jahren wird er am Lehrstuhl für Alte Geschichte der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) forschen und lehren; eine Verlängerung um zwei Jahre ist möglich. Warum er nach Würzburg gekommen ist? "Entscheidend war zum einen die starke altertumswissenschaftliche Ausrichtung, die es so nicht an jeder Universität gibt", sagt Maier. Von der Kooperation mit diesen Disziplinen – unter anderem der Klassischen Philologie, der Altorientalistik und der Archäologie – verspreche er sich viel.
Zum anderen habe er den Inhaber des JMU-Lehrstuhls für Alte Geschichte, Professor Rene Pfeilschifter, als kritisch-konstruktiven und inspirierenden Forscher kennen gelernt. Mit ihm möchte Maier in einen engeren wissenschaftlichen Dialog treten. Anknüpfungspunkte gebe es zudem auch zu anderen Lehrstühlen des Instituts für Geschichte, beispielsweise zur Neueren und Neuesten Geschichte. Maier wird sich in Würzburg drei Forschungsprojekten widmen. Eines befasst sich mit dem römischen Kaiser Hadrian und dem Thema "Einübung des Fremden". Hadrian regierte vom Jahr 117 bis zu seinem Tod anno 138 – zu einer Zeit, in der im Imperium zunehmend Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen entstanden.
Vor allem in Rom selbst gab es viel Unmut über Fremde. Etwa über Syrer oder Ägypter, die sich in ungewohnter Kleidung oder mit Ohrringen geschmückt – was aus römischer Sicht "weibisch" war – in der Stadt zeigten. "Das Römische Reich war damals nicht unbedingt das spannungsfreie Integrationsphänomen, als das es in der Geschichtswissenschaft oft bezeichnet wird", sagt Maier. "In vielen Quellen lassen sich Ängste vor einer 'Überfremdung' und überaus stereotype Ansichten von einer Zurückdrängung des 'Römischen' nachweisen. Genau diese Spannungen und Stereotypen möchte ich bei diesem Projekt in einem ersten Schritt herausarbeiten." Der Historiker will aber auch die andere Seite zeigen: Aus einigen Quellen gehe nämlich hervor, dass sich auch die Fremden im Reich, in diesem Fall die Griechen, in Rom ebenfalls zunehmend unbehaglich fühlten.
Der damals regierende Kaiser Hadrian gilt in der Forschung als "Griechenfreund“, der sich aus rein individuellem Interesse stark für die Kultur der Hellenen interessierte. "Das trifft in gewisser Weise auch zu. Jedoch lässt sich bei Hadrian ein Bündel an Maßnahmen nachweisen, hinter denen mehr gesteckt haben muss als eine persönliche Schwärmerei für griechische Kultur", so der Historiker. Hadrian ließ unter anderem in Rom Tempel bauen, deren Äußeres römisch und deren Inneres griechisch gestaltet war – eine Art visuelle Beschwörung der Einheit des Reiches. In Ägypten entstanden auf sein Betreiben hin Stadtanlagen mit griechischen, römischen und ägyptischen Elementen. Auch ließ Hadrian Münzen prägen, auf denen ein Rom dargestellt war, das anderen Völkern die Hand reicht. "So entstand eine Ikonographie, die Rom und seine Provinzen als Gemeinschaft auf Augenhöhe zeigte", sagt Maier.
Mit diesen Maßnahmen reagierte der Kaiser, so die These von Maier, auf die zunehmenden Spannungen im römischen Reich. Die Verschmelzung von verschiedenen Kulturen im öffentlichen Raum sei ein neues Deutungsangebot gewesen, mit der die gegenseitige Entfremdung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgehalten werden sollte. Aus diesem Forschungsprojekt soll ein Buch entstehen, das voraussichtlich 2022 erscheinen wird.
Im zweiten Projekt, das Maier an der JMU angefangen hat, geht es um Unsicherheiten in Kriegen, genauer: um Verhandlungsdynamiken in der klassischen Zeit Griechenlands. Im Mittelpunkt des dritten Projekts stehen die Figur des römischen Kaisers Honorius und die Frage, wie zu dessen Zeit begründet wurde, warum der Kaiser nicht mehr als Feldherr mit in den Krieg zog.
Felix K. Maier, Jahrgang 1981, ist in Donaueschingen aufgewachsen. Er studierte an den Universitäten Eichstätt und Freiburg Latein, Griechisch und Geschichte fürs Lehramt. Nach dem ersten Staatsexamen entschied er sich aber für eine akademische Karriere und begann eine Doktorarbeit. Vom Lehramtsstudium profitiere er bis heute: "Die didaktisch-pädagogische Ausbildung ist auch bei der Lehre an der Universität sehr hilfreich." Sein Promotionsstudium in Freiburg und an der University of Oxford in England schloss Maier 2011 ab. Seine Habilitation in den Fächern Alte Geschichte und Klassische Philologie folgte 2015.
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