Schöninger Speere: Forschungskooperation in der Kritik
»Die bisher in Schöningen gewonnenen Erkenntnisse zur frühen Menschheitsgeschichte sind einzigartig. Ich danke allen Beteiligten, insbesondere dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, für die großartigen Arbeiten. Dank Ihnen kann jetzt ein neues Kapitel der Forschung aufgeschlagen werden: die Kooperation mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Damit wird die internationale Sichtbarkeit Schöningens weiter ausgebaut«, sagte die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić. Das Forschungs- und Erlebniszentrum paläon werde von der wissenschaftlichen Kooperation profitieren, so die Ministerin.
Vertreter des Fördervereins Schöninger Speere befürchten hingegen, dass künftig der Zugriff auf Forschungsergebnisse und Funde erschwert werde. Die bisherige Zusammenarbeit mit dem Landesamt sei hervorragend gewesen. Über die künftigen Bedingungen herrscht noch Unklarheit. Bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrage im Forschungs- und Erlebniszentrum »paläon« beklagte Rolf Dieter Backhauß, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins, auch die Informationspolitik des Minsteriums. Der Verein sei in die Planungen nicht eingebunden gewesen.
Der Deutsche Verband für Archäologie (DVA) und der Verband der Landesarchäologen (VLA) hatten im Vorfeld der Unterzeichnung schriftlich an den Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), appelliert das Vorhaben noch einmal zu überdenken. »Diese Entscheidung verwundert und ist bundesweit ein einmaliger Vorgang«, erklärte der Vorsitzende des Verbands der Landesarchäologen, Michael Rind. Dem zuständigen Fachamt würde der wissenschaftliche Zugriff auf eine der bedeutendsten Fundstellen des Landes entzogen. Rind verwies auf die mehrjährigen Grabungen des Landesamtes an der Fundstelle und den leistungsfähigen interdisziplinären Forschungsverbund, den es in den vergangenen zwei Jahrzehnten um das Projekt »Schöninger Speere« herum aufgebaut habe.
»Eine einseitige Kompetenzübertragung allein auf eine Forschungseinrichtung wäre für das Land als Eigentümer dieser überaus bedeutenden und singulären Funde äußerst nachteilig und würde diejenigen brüskieren, die sich jahrelang für das Projekt eingesetzt haben, außerdem wäre dies ein Komptenz- und Gesichtsverlust für das Land.«, so Rind.
Der DVA-Vorsitzende Hermann Parzinger erklärte: »Mit einem Rückzug würde das Landesamt für Denkmalpflege nicht nur seinen gesetzmäßigen Auftrag – der auch die Forschung umfasst – nicht mehr vollständig genügen, sondern auch über die Landesgrenzen Niedersachsens hinaus ein sehr bedenkliches Signal setzen, dass sich Denkmalfachbehörden , die für die Rettung der archäologischen Quellen gesetzlich verantwortlich sind, aus der anschließenden Forschung zurückziehen müssen und die Verantwortlichkeit allein Dritten überlassen.«
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