Römisches Zivilleben in Wiesbaden
Bereits im Sommer 2017 fand auf der Rückseite des Walhalla-Theaters eine Kampfmittelsondierung statt, die durch eine archäologische Fachfirma begleitet wurde. Grund hierfür war, dass diese Baulücke im Bereich der römischen Zivilsiedlung Aquae Mattiacorum lag. Diese Siedlung war der Hauptort des römischen Verwaltungsbezirks Civitas Mattiacorum in der Provinz Germania superior.
Während dieser Maßnahme wurden in einem der drei Sondierungsschnitte römische Siedlungsschichten festgestellt, die bereits ca. 0,3 bis 0,4 Meter unter der rezenten Oberfläche anstanden. Die Bohrkerne vermittelten gleichfalls ein Bild unterschiedlicher Verfüllschichten, die neben neuzeitlichem Bauschutt auch antike Schichtfolgen erkennen ließen.
Da im April diesen Jahres in der angrenzenden Hochstättenstraße Tiefbauarbeiten anstehen, wird die Freifläche für Baustelleneinrichtungen des Tiefbauamtes benötigt. Des Weiteren wird dieses Gelände voraussichtlich in zwei Jahren bebaut werden. All dies machte nun im Vorfeld archäologische Grabungen notwendig, um Qualität und Quantität des archäologischen Befundes zu analysieren und zu dokumentieren. Diese Maßnahme endet nun Mitte März.
Zu erwarten waren hier demnach sowohl antike als auch mittelalterliche und frühneuzeitliche Strukturen. Zuletzt war für die heutige Freifläche bekannt, dass sie seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, Geländeteil der Marschallschen Höfe war. Bis zum Ende 20. Jahrhundert hinein gab es auf dieser ca. 266 qm großen, heutigen Freifläche eine Teilbebauung, die aus dem 19. Jahrhundert stammte und eine Teilunterkellerung aufwies. Außerdem gibt es einen Tiefkellerbestand des Walhallatheaters aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Neben neuzeitlichem Kellermauerwerk wurden bei den Arbeiten der letzten Wochen vier Mauerzüge sowohl in unterschiedlicher Mauerstärke als auch Erhaltungshöhe sichtbar, die in römische Zeit datieren. Bei einem südlich gelegenen Mauerzug hatte sich noch die ursprüngliche Mauerkrone erhalten, die von römischem Brandlehm überlagert war. Die Mauerreste selbst waren schon in römische Planierschichten eingegraben worden und sind als Fundamentsockel für Holzbalken anzusprechen, die wiederum als Auflage für aufgesetzte Holz-Lehm-Wände dienten.
Diese erste fassbare, römische Siedlungsphase im Untersuchungsbereich datiert über die aufgefundenen Keramikwaren in die Zeit um ca. 150 n. Chr. Unterhalb dieser Brandschichten und Planierungen fanden sich auch noch ältere Zwischen- und Vorgängerphasen. Diese zeichnen sich als Pfostenstellungen, Gruben, Erdkeller und Wandsetzungen aus, die ursprünglich aus Holz- Lehmkonstruktionen bestanden und Bränden zum Opfer fielen.
Die vorliegenden Befunde liefern bisher unbekannte Hinweise zur römerzeitlichen Baugeschichte der Stadt Wiesbadens. Denn noch immer fehlen gut dokumentierte Quellen für die Besiedlungsstrukturen von Aquae Mattiacorum, obgleich Einzelfunde- und Befunde aus dem Stadtgebiet, als auch die historische Überlieferung, eine Besiedlung des heutigen Innenstadtareals bis ins 5. Jahrhundert dokumentieren.
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