Römischer Netzbecher aus Frankreich – in Mainz restauriert
"Im Frühjahr erhielten wir eine Anfrage der verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, die um Unterstützung bei der Restaurierung baten. Wir waren von dem außergewöhnlichen Fund, dem Erhaltungszustand und dem Kooperationsangebot sofort begeistert", erinnert sich Alexandra W. Busch. "Mitarbeiterinnen des RGZM haben in den letzten anderthalb Jahrzehnten zahlreiche Diatretgläser restauriert und beforscht und sich somit eine exzellente Expertise für dieses Unterfangen erworben." ergänzt Busch. "Dass dieses bedeutende Kulturgut Frankreich überhaupt verlassen durfte, ist wirklich eine Besonderheit. Wir freuen uns sehr über das große Vertrauen, das in unsere Arbeit gesetzt wurde", so die Generaldirektorin des RGZM zu den französischen Gästen bei der Feierstunde im Museum für Antike Schifffahrt.
Nicolas Tisserand, der mit der wissenschaftlichen Bearbeitung beauftragte Archäologe des Inrap, zeigt sich hocherfreut über das gelungene Ergebnis: "Die Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen des RGZM verlief hervorragend und die Qualität der geleisteten Arbeit, insbesondere von Katja Broschat, der Spezialistin für diese Gläser ist wirklich erstklassig. Dass wir sie und Frau Dr. Höpken vom Landesdenkmalamt des Saarlands für eine wissenschaftliche Zusammenarbeit gewinnen konnten, freut mich sehr."
"Dieser besondere Fund hat uns alle sehr überrascht, und wir sind überaus gespannt, wie sich die Forschungsergebnisse in die Gesamtbetrachtung der Nekropole einfügen." ergänzt Carole Fossurier, die die Ausgrabungen im vergangenen Jahr leitete.
Bei dem Gefäß handelt es sich um eine Schale, deren Glaskörper von einem filigranen gläsernen Netz und einem sogenannten Kragen mit Eierstabverzierung sowie einer Inschrift umfangen wird. In elegant gestalteten Buchstaben ist in Latein zu lesen "VIVAS FELICITER" - "Lebe glücklich".
Bei der Untersuchung der kunstvoll gearbeiteten Dekoration fiel ein ungewöhnliches Detail auf: Bereits in der Antike gingen Teile des Buchstabens "C" aus der Inschrift verloren. "Ganz offensichtlich hat man sich aber um eine Korrektur des Schadens bemüht“, erklärt Christian Eckmann, Leiter des Kompetenzbereichs Restaurierung und Konservierung (RGZM). Die Untersuchung ergab, dass vermutlich heißes Glas aufgeschmolzen und dieses nach dem Erkalten erneut in Form des Buchstabens "C" geschliffen wurde. Dieses Verfahren erwies sich jedoch als wenig erfolgreich, denn "bereits vor der Beigabe des Diatretglases in das Grab ging der Buchstabe, vermutlich aufgrund thermischer Spannungen, erneut verloren", erläutert Christian Eckmann und ergänzt: "Dieses Gefäß ist wirklich eine kleine archäologische Sensation. Von den heute bekannten Diatretgläsern ist ein Großteil lediglich in Form einzelner oder einer geringen Zahl von Fragmenten erhalten. Auf einen solchen Fund mussten wir daher auch lange warten, ein im Erhaltungszustand vergleichbares Diatretglas wurde zuletzt vor über 45 Jahren in Montenegro entdeckt!"
Diatretgläser gehörten zu den ultimativen Luxusgütern der römischen Elite und ihre Fundorte liegen weit verstreut zwischen England und Tunesien, zwischen Portugal und Afghanistan. Bislang sind etwa 100 dieser filigranen Gefäße bekannt, aber nur wenige weisen einen derart guten Erhaltungszustand auf, wie das Exemplar aus Autun. Es stammt aus einer Bestattung einer ab dem 3. Jh. n. Chr genutzten spätrömischen Nekropole aus dem Umfeld der antiken Stadt Augustodunum. Das Diatretglas war das einzige erhaltene Objekt in einem der Sarkophage, deponiert im Bereich der Füße des Bestatteten.
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