Restauratoren-Team taut 1300 Jahre altes schockgefrostetes Kindergrab auf
Den Boden der Grabkammer samt den Überresten des reich bestatteten Knaben hatten Archäologen im vergangenen Oktober im Ganzen gehoben. Das Besondere daran: Die steinerne Kammer war offensichtlich so dicht, dass anders als üblich keine Sedimente ins Innere gedrungen waren. Dadurch befinden sich die Funde in einem für ein Grab aus dieser Zeitspanne außergewöhnlich guten Zustand. Um sie für den Transport vom Fundort im bayerischen Tussenhausen ins Bamberger Depot zu schützen, hatte ein Team des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege den Kammerinhalt zur Stabilisierung Lage für Lage mit Wasser benetzt und diese mit Flüssig-Stickstoff schockgefrostet. Erstmals war ein Grab mit dieser Technik geborgen worden. Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger des Landesamtes hatten diese Methode speziell für diesen Fall entwickelt.
"Mehrere Monate hat die Blockbergung mit dem Skelett des Kindes in einer Gefrierzelle gelagert. Nun ist der Spitzname unseres kleinen Eisprinzen bald obsolet. Sein schützender Eispanzer wird behutsam und sukzessive durch gezieltes Erwärmen abgebaut. Unser Restauratoren-Team hat diesen Prozess minutiös vorbereitet", erklärt Generalkonservator Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.
Für den Auftauprozess wird die seit mehreren Monaten tiefgefrorene, etwa 800 Kilogramm schwere Blockbergung aus der Gefrierzelle in einen eigens vorbereiteten Raum gebracht, dessen Raumfeuchte kontrolliert und entsprechend des Erhaltungszustandes der Blockbergung angepasst werden kann. Damit das frei werdende Tauwasser die Funde nicht beschädigt, wird es über einen speziellen Sauger abgeleitet. In den Bearbeitungspausen sorgt eine Kühlhaube für eine konstante Temperatur von minus 4 Grad Celsius. Das Auftauen wird voraussichtlich mehrere Tage dauern. Im Anschluss werden Experten wie Anthropologen und Archäobotaniker erste Materialproben analysieren.
Später sollen die in den letzten Monaten geplanten detaillierteren Untersuchungs- und Dokumentationsarbeiten beginnen. Diese geben dann voraussichtlich auch Aufschluss über die Umstände der Bestattung, die Todesursache und das Alter des Kindes. Ob es sich beim "Eisprinzen", wie ihn die Archäologen und Restauratoren am Bayerischen Landesamt nennen, tatsächlich um den Spross einer gesellschaftlich höher gestellten Familie handelt, ist unklar. Allerdings sprechen seine Grabbeigaben dafür: etwa ein Schwert mit einem mit Goldbeschlägen verzierten Gurt und reicher Schmuck wie Goldblattkreuze und Armreifen aus Silber. Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von besonderer Bedeutung sind aber vor allem die organischen Reste.
"Zahlreiche Stoff- und Lederreste beispielsweise von der Schwertscheide, dem Waffengurt sowie der Kleidung sind erhalten. Sie versprechen hochinteressante Einblicke in die Grabausstattung und in die frühmittelalterliche Textiltechnologie", sagt Britt Nowak-Böck, Leiterin der archäologischen Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.
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