Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Maske aus Bad Schussenried
Es handelt sich um die rechte Gesichtshälfte einer aus Ton gebrannten Maske mit zwei randlichen Löchern zur Befestigung vor dem Gesicht. "Meine Versuche, das Keramikfragment zeichnerisch zu einem Gefäß zu ergänzen, scheiterten an den irregulären Formen. Erst als ich das Objekt spiegelbildlich ergänzte, wurde das Maskengesicht sichtbar.", erklärte der Archäologe Dr. Helmut Schlichtherle die Entdeckung. Das Objekt wurde nun von den Spezialisten des Landesamtes für Denkmalpflege digital dokumentiert und durch eine spiegelverkehrte Rekonstruktion ergänzt, sodass das gesamte Mittelfeld des Gesichtes wieder gewonnen werden konnte. "Auch nach mehr als 150 Jahren Pfahlbauforschung gibt es hier noch immer bedeutende Entdeckungen von internationaler Tragweite. Der Einsatz modernster Technologien und Forschungsmethoden - wie hier 3D-Scans - machen es möglich, bislang rätselhafte Funde zu entschlüsseln." unterstrich der Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, Prof. Dr. Claus Wolf.
Bisher gibt es erst zwei Gesichtsmasken des Neolithikums in Europa (Ungarn, Rumänien), die sehr schematische Züge tragen. Im Gegensatz dazu zeigt die Maske von Schussenried eine eher naturalistische Physiognomie mit eingefallener Unterlippe, also vermutlich das Gesicht eines Toten. Die Maske gehört deshalb wahrscheinlich in den Zusammenhang der Ahnenverehrung. Der sensationelle Fund wird zurzeit näher erforscht und für die große Landesausstellung 2016 "4.000 Jahre Pfahlbauten" in Bad Schussenried und Bad Buchau vorbereitet.
Der Fund hat eine zweifache Entdeckungsgeschichte. Er wurde bereits in den 1960er-Jahren vom Federseeforscher Ernst Wall am Rande der Pfahlbausiedlung "Riedschachen" ausgegraben, aber er konnte sich aus dem Keramikfragment noch keinen Reim machen. Erst bei einer erneuten Durchsicht seiner Funde 2014 entdeckten die Archäologen in der Dienststelle für Feuchtbodenarchäologie in Hemmenhofen die Gesichtsdarstellung.
Zur Datierung wurden anhaftende Moorreste und Keramikproben entnommen. Die gewonnenen 14C-Daten und mit dem Thermolumineszenzverfahren durchgeführte Untersuchungen belegen eindeutig das neolithische Alter des Fundes. Da Ernst Wall die Fundstelle genau verzeichnete, wurde die Fundschicht im Zuge einer Nachgrabung wieder aufgedeckt. Es handelt sich um einen Spülsaum des Federsees im Randbereich der Siedlung Riedschachen, aus dem weitere Keramikfunde aus dem Zeitraum 4.200-3.700 v.Chr. geborgen wurden. Die Maske gehört somit in die Phase des sogenannten Jungneolithikums, also in die frühe Zeit der Pfahlbauten am Federsee.
RSS-Feeds @ Archäologie Online
- Nachrichten
- Videos
- Podcasts