Polnisch-deutsches Ausgrabungsprojekt am Burgwall in Kemberg
Die vorgeschichtlichen Burgen Sachsen-Anhalts waren zur Zeit ihrer Errichtung und Nutzung mächtige Festungen, meist dicht bevölkert und politisch bedeutend. Da sie aber aus Holz und Lehmverputz errichtet wurden, sind ihre Reste heute nur noch durch flache Erhebungen im Gelände sichtbar und werden häufig kaum erkannt. Sie geben uns jedoch wichtige Zeugnisse über die überraschend komplexen Gesellschaften der Vergangenheit. Insbesondere in Sachsen-Anhalt, wo in der Vorgeschichte stets Konkurrenz um reiche Böden, Rohstoffvorkommen (Salz und Kupfer) und wichtige Verkehrswege herrschte, weisen sie auf Zentren, von denen aus Reichtum kontrolliert und verteidigt wurde.
Auf der Grabungsfläche am Rande des seit dem 16. Jahrhundert als städtischer Friedhof genutzten Geländes wurde ein etwa 12 m langer und 1,5 m breiter Abschnitt des Burggrabens freigelegt. In diesem fanden sich mehrere massive, verstürzte Holzbalken, die wohl eine Verschalung des Grabens, der einst offenbar Wasser führte, darstellen. Eventuell deuten Schichten mit verkohltem Holz auf ihr gewaltsames Ende. Die außergewöhnlich gute Erhaltung der Holzbalken ist dem Feuchtbodenmilieu zu verdanken und stellt eine sehr seltene Fundgattung in der Archäologie dar. Bisher war anhand der Keramik nur eine grobe Datierung der vorgeschichtlichen Burgen Mitteldeutschlands zwischen 1000 v. Chr. und 500 v. Chr. möglich. Bei einer früheren Rettungsgrabung in den Jahren 2009/2010 an der Kemberger Burg wurden in einem kleinen Grabungsschnitt bereits erste erhaltene Holzstrukturen entdeckt, ohne dass diese jedoch näher gedeutet werden konnten. Anhand der Baumringe war es aber möglich das Alter der Hölzer auf die Zeit zwischen 1000 v. Chr. und 900 v. Chr. einzugrenzen. Durch die nun durchgeführte Forschungsgrabung kann die Bebauungsstruktur dieser mächtigen Anlage nun erstmals sehr präzise nachvollzogen werden – ein in Mitteldeutschland einmaliger Befund.
Auch aus der nachfolgenden Nutzungszeit der Anlage sind archäologische Spuren erhalten, darunter Funde, die vermutlich von einer bis um 1700 in der Nähe befindlichen Ziegelei stammen. Neben Backsteinschutt konnten auch Reste reich verzierter Keramik aus dem 15. Jahrhundert (darunter eine dekorierte Ofenkachel) geborgen werden.
Das dreiwöchige Forschungsprojekt konnte dank der Unterstützung der Stadt Kemberg und der Familie Höhne, auf deren Grund die Ausgrabung stattfindet, realisiert werden.
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