Öffentliches Experiment: Keramikbrand nach mittelalterlichem Vorbild
Mit der Wende zum 13. Jahrhundert standen Mayener Töpfer vor der Herausforderung, der Nachfrage nach einer neuen Keramikart, dem Steinzeug, gerecht zu werden. Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, den Brand des Ofenmodells, mit dem die Leistungsfähigkeit ermittelt werden soll zwischen 9:30 und 20 Uhr zu besuchen.
Um 1200 n. Chr. bestand eine wachsende Nachfrage nach wasserundurchlässigen, stoßfesten und gegenüber chemischen Einflüssen widerstandsfähige Gefäßkeramik, die später als Steinzeug bekannt wurde. Während die Töpfereien in Siegburg und später auch andere Töpfereistandorte im deutschsprachigen Raum Steinzeug im großen Umfang herstellen konnten, waren die Mayener Töpfer in der Lage einen Vorgänger zum Steinzeug, sogenanntes Proto- und Faststeinzeug, zu produzieren. Diese graubraunen Gefäße waren aus sehr heiß und hart gebranntem Ton, so dass sie annähernd wasserundurchlässig waren.
Im Rahmen des Projektes soll der Einfluss der Ofentechnologie und der verfügbaren Rohstoffe auf die Innovationsfähigkeiten des Mayener Keramikhandwerks untersucht werden.
Der Projektleiter Dr. Michael Herdick beschreibt die Ausgangslage des Experiments folgendermaßen: "Die für die Herstellung notwendigen Brenntemperaturen liegen bei 1200° Celsius. Der Mayener Ofen aus der Zeit um 1200 stellt einen Entwicklungsschritt dar, in dem versucht wurde Konstruktionsprinzipien zweier Ofenbautraditionen zusammenzuführen." Damit sollte, laut Herdick, eine Produktionsanlage geschaffen werden, die im Temperaturbereich über 1000° Celsius besonders gut zu steuern war.
Die Mayener Töpfereien hatten in der antiken und mittelalterlichen Industrielandschaft zwischen Andernach und Mayen eine besondere wirtschaftliche Bedeutung. Doch trotz vieler Rekonstruktions- und Keramikbrennversuche existieren bis heute von keinem größeren antiken oder mittelalterlichen Töpfereistandort in Mitteleuropa solide Leistungsdaten zu verschiedenen Ofentypen. Das nahm das Römisch-Germanische Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie (RGZM) 2014 zum Anlass und begann in Kooperation mit der Fachschule Keramik in Höhr-Grenzhausen ein gemeinsames Forschungsprojekt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Handwerkerinnen und Handwerkern.
Durch seine besondere Quellenlage bietet der Vulkanpark beste Voraussetzungen zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit frühen Industrielandschaften. Aufgrund der internationalen Bedeutung der Vulkanpark-Denkmäler haben der Landkreis Mayen-Koblenz und das RGZM am Standort Mayen eine Forschungsstelle Vulkanpark eingerichtet. Dort sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Kompetenzbereiche »Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte« sowie »Naturwissenschaftliche und Experimentelle Archäologie« des RGZM zu Hause, in denen Wissenschaftler/-Innen aus den Bereichen Archäologie und Geowissenschaften arbeiten. Ihre Studien zu vormodernen Industrierevieren sind ein wesentlicher Bestandteil des Forschungsfeldes »Wirtschaft und Technik« am RGZM.
Ständige Partner in Wissenschaft und Forschung sind, die Universitäten Mainz, Trier und Frankfurt, die Hochschule Mainz, das Deutsche Bergbau-Museum Bochum, die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz sowie die Fachschule Keramik in Höhr-Grenzhausen. Das Projekt wird von der Stiftung Zukunft der Sparkasse Koblenz gefördert.
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