Morgantina: Fernkontakte einer antiken Stadt
Dank der sorgfältigen Restaurierung der oftmals stark korrodierten Bronzeobjekte konnten wichtige herstellungstechnische Fragen geklärt und Verzierungen auf den Stücken sichtbar gemacht werden. Unter den 2018 untersuchten Funden überraschte vor allem eine so genannte Jezerinefibel aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. die Forscherinnen und Forscher. "Solche Fibeln kommen ausgesprochen selten vor, und von den wenigen bekannten Stücken wurde bislang kein einziges südlich des Flusses Po gefunden. Ich konnte es deshalb zuerst kaum glauben, dass es sich in Morgantina tatsächlich um solch eine Gewandspange handelt", erläutert Projektleiter PD Dr. habil. Holger Baitinger und fährt fort: "Erst durch die Zusammenarbeit mit der Restauratorin gelang es, das auf Verbindungen nach Oberitalien weisende Stück korrekt zu identifizieren."
Die vor Ort und vom Original angefertigte wissenschaftliche Zeichnung der Fibel ermöglicht einen schnellen Zugang zum Objekt. Schlecht erhaltene oder unkenntliche Details werden hierbei besonders betont, hervorgehoben und wieder erkennbar dargestellt. In ihrer Funktion bündelt die wissenschaftliche Zeichnung alle bei der Restaurierung und Erforschung gewonnenen Erkenntnisse. Sie dient zugleich der Interpretation und vereint die Ergebnisse eines langen Forschungsprozesses zwischen Archäologie und Restaurierung.
Die aus Bronze gefertigten Kleinfunde aus Morgantina besitzen aufgrund ihrer großen Zahl, ihres bei der Ausgrabung sorgfältig dokumentierten Fundzusammenhangs innerhalb der Stadt und als Anzeiger weit reichender Fernkontakte besondere wissenschaftliche Bedeutung, weshalb das RGZM in enger Kooperation mit dem amerikanischen Team der Morgantina-Grabung und dem archäologischen Regionalmuseum "Museo Archeologico Regionale di Aidone" diese Funde seit 2015 erforscht. Morgantina bestand bereits seit dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr, erlebte eine erste Hochphase im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr., um dann in der Zeit vom späten 4. bis ins späte 1. Jahrhundert v. Chr. seine größte Blüte zu erleben.
Kulturkontakte prägen in starkem Maße die moderne Welt und unseren Alltag, hatten auf vor- und frühgeschichtliche Gruppen und Gesellschaften tiefgreifende und oftmals nachhaltige Auswirkungen. Die Untersuchung kultureller Kontakte bildet eine wichtige Basis, um Prozesse und Entwicklungen in unserer heutigen Gesellschaft besser verstehen zu können und bietet damit wertvolles Orientierungswissen. Ihre Erforschung innerhalb des Forschungsfelds "Kulturkontakte" erleichtert es den Wissenschaftlern des RGZM deshalb, heutige Entwicklungen und Verhaltensweisen besser zu begreifen.
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