Mittelalterliches Gewerbe in Langenthal

Seit August 2009 führt der Archäologische Dienst des Kantons Bern in Langenthal Ausgrabungen durch. Hier, in der ehemaligen Schwemmebene der Langete, konnten erstmals mittelalterliche Befunde dokumentiert werden, die ein neues Licht auf die Geschichte der heutigen Stadt Langenthal werfen.

Mittelalterliches Grubenhaus in Langenthal, Kanton Bern
Langenthal, Wuhrplatz. In diesem rechteckigen mittelalterlichen Grubenhaus sind die Negative der Eckpfosten zu erkennen (Quelle: Archäologischer Dienst des Kanton Bern)

Obwohl durch alte Karten belegt ist, dass der Wuhrplatz in Langenthal - sein Name deutet schon auf eine Nutzung der Wasserkraft (Wuhr/Wehr) hin - im 19. und 20. Jahrhundert immer bebaut war, sind durch die Lage auf der ehemaligen Schwemmebende die Erhaltungsbedingungen für mittelalterliche Bausubstanz sehr gut. Unter dem modernen Abbruchschutt einer ehemaligen Gärtnerei liegt eine meterdicke Überdeckung aus Silt. Dieses Material wurde im Lauf der letzten Jahrhunderte vom Fluss abgelagert, sei es bei den berühmten Hochwassern oder beim Bewässern der ehemaligen Wässermatten. Durch diesen Schichtaufbau wurden Reste der mittelalterlichen Gebäude geschützt und konnten sich bis in unsere Zeit erhalten. Alle neuzeitlichen Gebäude lagen aber deutlich höher als die mittelalterlichen Schichten.

Die ältesten bisher erfassten Befunde sind verhältnismässig unscheinbar. Es handelt sich um Pfostenstellungen von Holzhäusern und Werkgruben, sogenannten Grubenhäuser. Diese in die Erde eingetieften Gebäude dienten zum Beispiel als Webkeller. In einigen Gruben konnten sogar Teile der Wandverkleidungen aus Rutengeflechten beobachtet werden, die wohl bei einem Hausbrand verkohlten. In den untersten Schichten konnten einige unter Luftabschluss konservierte Holzpfähle geborgen werden, die vielleicht zu einer noch älteren Besiedlung gehören. Erst die Datierung mit der Radiokarbonmethode wird aber dieses Geheimnis lüften.

Anhand zahlreicher Topfscherben aus den Grubenfüllungen und den Schwemmschichten der Langete wissen wir, dass spätestens im 13. Jahrhundert auf dem Wuhrplatz eine intensive Nutzung einsetzt. Vermutlich handelt es sich dabei um gewerbliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wasser. In einer Urkunde wird bereits 1224 die Schenkung einer Mühle in Langenthal ans Kloster St. Urban erwähnt. Die Grabungen ergänzen sehr schön die seltenen schriftlichen Quellen aus dieser Zeit.

Zahlreiche römische Ziegel und Kleinfunde aus den Schichten am Wuhrplatz lassen vermuten, dass die Wasserkraft der Langete bereits viel früher genutzt wurde. Einige prähistorische Scherben weisen darauf hin, dass in diesem Gebiet schon in vorrömischer Zeit eine erste Siedlung bestand.

Mittelalterliche Pflasterung in Langenthal, Kanton Bern
Langenthal, Wuhrplatz. Urs Ryter dokumentiert eine mittelalterliche Pflästerung (Quelle: Archäologischer Dienst des Kanton Bern)
Blog-Beiträge durchblättern
Mit unserem kostenlosen Newsletter können Sie sich regelmäßig alle aktuellen Infos von Archäologie Online bequem in Ihr Postfach senden lassen.