Mittelalterliches Affenskelett begeistert Basler Archäologen
Im Bereich des im 19. Jahrhundert verfüllten Grabens der mittelalterlichen Stadtbefestigung Basels wird zwischen dem Kunstmuseum und dem Antikenmuseum ein neues Parking gebaut. Die baubegleitenden Rettungsgrabungen brachten bisher spannende Funde von der römischen Zeit bis zur Neuzeit zum Vorschein. Der spektakuläre Fund eines Affenskeletts ermöglicht nun einen völlig unerwarteten Blick in die Lebenswelt des Mittelalters.
Die Archäologen entdeckten das Skelett in der Verfüllung eines im untersten Bereich erhalten gebliebenen Turms der Inneren Stadtmauer. Die Bewohner der an die Stadtmauer grenzenden Häuser des Vorderen Ramsteinerhofs hatten den Turm, nachdem er mit dem Bau der Äusseren Stadtmauer seine Wehrfunktion verloren hatte, nicht nur als stilles Örtchen genutzt, sondern darin auch ihre Haushaltsabfälle entsorgt. Dank der zahlreichen Keramikfunde, darunter auch ganze Töpfe, kann das Affenskelett sicher ins 15. Jahrhundert datiert werden. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Affe aus der Zeit des Basler Konzils (1431–1449) stammt.
Die Haltung von Kleinaffen als Heimtiere ist zwar bereits seit der Antike bekannt, ein eigentlicher Import solcher Affen entwickelte sich aber erst ab dem 12. Jahrhundert. Im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit war die Haltung von Affen als Heimtiere insbesondere bei Klerikern und humanistischen Gelehrten beliebt. Affen wurden manchmal aber auch von fahrenden Gauklern vorgeführt, obwohl ihre Anschaffung ausgesprochen teuer war. Die häufigste Art war der in Nordafrika beheimatete Berberaffe. Obwohl diese robusten Affen nur geringe Ansprüche an Klima und Ernährung hatten, waren sie als Heimtier wenig geeignet. Abbildungen zeigen, dass die Tiere oft angekettet gehalten wurden.
Bei der näheren Untersuchung des Skelettes durch Spezialisten der Universität Basel und des Naturhistorischen Museums gelang anhand der Vergleichssammlung des Museums eine genaue Artbestimmung. Es handelt sich um einen vollständigen männlichen Berberaffen (macaca sylvanus). Das knapp ausgewachsene, zwischen fünf und acht Jahre alte und ziemlich kräftige Tier wies Spuren einer wenig artgerechten Haltung auf. So hatte es einige verheilte Brüche, eine Entzündung am Ellbogen und abgeschliffene Eckzähne, die als möglicher Infektionsherd lebensgefährlich waren.
Wem der Berberaffe einst gehörte, ist nicht mit Sicherheit festzustellen, da das Haus an der Rittergasse 24, zu dem die Latrine gehörte, in der fraglichen Zeit oft den Eigentümer wechselte. Als Besitzer des Affen kommt nach ersten Recherchen am wahrscheinlichsten Heinrich von Beinheim in Frage, der die beiden Häuser «zum Panthier» und «zum Vorderen Ramstein» 1447 kaufte. Der massgeblich an der Gründung der Universität beteiligte Gelehrte erhielt 1452 von der Stadt das Recht, den Stadtgraben zwischen seinem Haus und dem Aeschenschwibbogen privat zu nutzen. Als Inhaber wichtiger Ämter am Bischofshof und am Basler Konzil verfügte er über hervorragende internationale Kontakte und auch das nötige Kleingeld, um sich ein exotisches Heimtier zuzulegen.
Das Affenskelett in der Latrinenverfüllung des mittelalterlichen Turms ist nicht nur einer der frühesten und vollständigsten Funde dieses exotischen Heimtiers, es ist darüber hinaus auch europaweit eine grosse Seltenheit. Von Russland bis Spanien und von Nordirland bis zu den Alpen gibt es aus dem Mittelalter bislang nur fünf archäologische Nachweise für die Haltung von Berberaffen. Bei den meisten bekannten Funden handelt es sich dabei lediglich um einzelne Knochen. Ganze Tiere, wie nun in Basel geborgen, sind praktisch nicht vorhanden.
RSS-Feeds @ Archäologie Online
- Nachrichten
- Videos
- Podcasts