Mittelalterlicher Stollen in Clausthal-Zellerfeld entdeckt
Der Johannesstollen ist ein alter Wasserlösungsstollen – also ein waagerecht verlaufender Gang, der Wasser aus dem Berg geführt hat, damit die Bergwerke nicht absaufen. Über ihn ist wenig bekannt, die vorhandenen Pläne (Risswerke) sind sehr lückenhaft. Der Stollen dürfte mindestens aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammen, vielleicht ist er noch viel älter. Das Besondere ist, dass er nahezu im Originalzustand erhalten ist. "Sein Aussehen und die Spuren, die wir hier entdecken, geben uns Aufschluss über sein Alter und wie seinerzeit die Bergleute gearbeitet haben", erklärt Dr. Katharina Malek von der Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege (NLD).
Mit ihrem Kollegen Georg Drechsler dokumentiert sie jedes Mal, wenn die Fachleute der Firma BST Mansfeld ein weiteres Stück freigelegt haben, den Johannesstollen und die darin erhaltenen alten Spuren der Bergleute. So hat sich beispielsweise das Tretwerk aus Holz gut erhalten, aber auch Löcher von den Balken der Arbeitsbühnen. "Aus wissenschaftlicher Sicht bietet sich hier eine einmalige Gelegenheit, den durch die komplette Verfüllung seit Jahrhunderten unveränderten Stollen mit den historischen Arbeitsspuren zu untersuchen", freut sich Malek über die unverhoffte Gelegenheit.
Ursprünglicher Auslöser war ein Bergschaden. Nach einer Tauperiode war im Januar 2019 eine rund 50 Zentimeter tiefe Mulde unter der Straße Am Brauhausberg entstanden. Grund dafür war der unter dieser Stelle liegende Schacht Silberkrone. Das LBEG und die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld leiteten zunächst Sofortmaßnahmen zur Sicherung ein, im Anschluss sollte der etwa von 1668 bis circa 1700 betriebene Schacht saniert werden.
Bei der Sicherung des rund 46 Meter tiefen Schachts, die sich aufgrund der schwierigen Bodenverhältnisse ohnehin schon länger als geplant hinzog, stießen die Fachleute in rund 20 Metern Tiefe auf den Johannesstollen. "Für uns stand relativ schnell fest, dass wir den Johannesstollen wieder aufwältigen, um zum rund 65 Meter entfernten Schacht Kron-Kahlenberg zu kommen", erklärt Thomas Finkeldey. Hintergrund ist, dass dieser weiter östlich gelegene Schacht ebenfalls saniert werden soll. Die Fachfirma kann somit von unten eine Betonplombe setzen, um den Schacht Kron-Kahlenberg dauerhaft zu sichern. Zum Abschluss sollen dann voraussichtlich noch in diesem Jahr der Johannesstollen und schließlich der Schacht Silberkrone verfüllt und somit dauerhaft gesichert werden.
"Aus denkmalpflegerischer Sicht ist gleichzeitig die notwendige fachliche Dokumentation des Originalzustandes für die Nachwelt entstanden",ergänzt Katharina Malek. Dies geschieht mit modernsten, in der Montanarchäologie erprobten Verfahren. Dabei werden Tausende Fotos per Hand aus unterschiedlichen Perspektiven gemacht und mithilfe eines Algorithmus zu einem 3D-Modell gerechnet. Erst nach dem Abschluss der Sicherungsarbeiten wird die wissenschaftliche Auswertung abgeschlossen werden können. Die Experten erhoffen sich dadurch mehr über die Geschichte des Stollens und damit über den alten Bergbau im Oberharz zu erfahren. Die Ergebnisse wollen sie dann der Öffentlichkeit präsentieren.
Vor gut einem Monat hatte das LBEG mit der Technischen Universität Clausthal eine Kooperation zum so genannten Nachbergbau geschlossen. Ein Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, genau solche Bergschäden, wie sie durch die Senkung des Schachts Silberkrone entstanden sind, schon frühzeitig zu erkennen oder gar zu vermeiden. Nötig dazu ist auch die wissenschaftliche Aufarbeitung von teilweise jahrhundertealten Unterlagen, die zum Großteil vom Bergarchiv im Niedersächsischen Landesarchiv zur Verfügung gestellt werden. Sie sind wie im Fall des Johannesstollens oftmals nur ungenügend oder aber lückenhaft überliefert worden. Darüber hinaus werden durch die enge Zusammenarbeit des LBEG mit der Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege wertwolle historische Funde und die technischen Meisterleistungen alter Bergmannskunst der Nachwelt erhalten.
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