Mehr Knochen als erwartet in Arnsberger Tumba
Ob die Knochen tatsächlich vom Klostergründer Heinrich I., seinem Sohn Heinrich II. sowie dessen Ehefrau Ermengard stammen, die im frühen 13. Jahrhundert gestorben sind, soll jetzt eine DNA-Untersuchung zeigen. Die Schädel und Knochen befanden sich in einer bleiernen Kapsel, die wiederum in einem 800 Jahre alten, aus einem Stück Baumberger Sandstein gearbeiteten Kopfnischensarkophag zum Vorschein kam. Dieser Sarkophag hat eine spezielle Aussparung für den Kopf. "Wer heute in die geöffnete Tumba guckt, dem eröffnen sich 800 Jahre Geschichte zum Anfassen", sagte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger am vergangenen Mittwoch in Arnsberg. "In dieser Form kennen wir solche Sarkophage nur aus Bestattungen des Adels und des hohen Klerus. Von daher könnte es sich bei dem Kopfnischensarkophag tatsächlich um den Sarkophag von Heinrich I. handeln."
Um die Tumba zu öffnen, waren einige Vorarbeiten nötig: Zunächst hat eine Fachfirma die zwei je 800 Kilogramm schweren auf dem Deckel liegenden Figuren aus Anröchter Sandstein entfernt. Bevor die Experten dann den 20 Zentimeter dicken Deckel mit einem speziellen Kransystem abnehmen konnten, mussten sie vorsichtig die Fugen bearbeiten. "Wenn etwas so alt und einmalig ist, dann ist man eigentlich nur froh, dass die Öffnung der Tumba so reibungslos geklappt hat und das Baudenkmal selbst keinerlei Schaden genommen hat", sagte LWL-Denkmalpflegerin Dr. Bettina Heine-Hippler. "Es fällt schwer zu beschreiben, was ich empfunden habe, als die Tumba geöffnet wurde. Es war in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderer Augenblick: Spannung, Nervosität, Erfurcht, Freude und die Gewissheit, dass es sich um etwas Einmaliges handelt", so die Expertin weiter.
Im Juli 2018 wurde bei Grabungen im Kapitelsaal eine Grabanlage aus dem frühen 14. Jahrhundert gefunden. In der Grabanlage sowie in der Grabanlage darunter wurden von den LWL-Archäologen Knochen und Knochenfragment ergraben, die in den kommenden Monaten wissenschaftlich untersucht werden. "In die Untersuchungen sollen auch die Knochen und Schädel aus der Tumba einbezogen werden. Geplant sind DNA-Untersuchungen, die sogenannte C14-Radiokarbondatierung zur Altersbestimmung der Knochen sowie anthropologische Untersuchungen", kündigt LWL-Archäologe Wolfram Essling-Wintzer an. Für die DNA- und C14-Analysen werden die Knochen zum Zentrum für Humangenetik nach Mannheim geschickt. Die Analysen können bis zu acht Monate dauern. "Darüber hinaus wird die Tumba Gegenstand der Bauforschung sein. Eingeordnet in den Kontext anderer Grabanlagen in Westfalen werden dann am Ende die Überlegungen zum weiteren Umgang mit der Tumba zu klären sein", so Heine-Hippler.
In seiner Geschichte wurde die Tumba des Grafen von Arnsberg im ehemaligen Beinhaus der Propsteikirche in Arnsberg damit zum fünften Mal geöffnet. Die erste Öffnung fällt in die Zeit um 1330, in die Amtsperiode des Grafen Wilhelm von Arnsberg (1313-1338). Er ließ die Tumba öffnen, als er eine Grabanlage nach Antwerpener Vorbild im Kapitelsaal des Klosters Wedinghausen errichtete. Zirka 670 Jahre blieben Grab und Tumba dann unverändert.
Nach der Aufhebung des Klosters Wedinghausen 1804 ließ die damalige hessischen Regierung die Tumba und die darunter befindlichen Grablegen öffnen. "Man wollte ihm den Platz nicht länger gönnen", kommentierte Karl Féaux de Lacroix in der Geschichte Arnsbergs 1895 die Situation. "Man warf die Gebeine hinaus, sammelte sie gleichwohl herselbst in eine blecherne Kapsel", so beschrieb Matthias Werner Hüser den Vorgang 1820 in der Chronik der Stadt Arnsberg.
Vieles wusste man im Vorfeld der aktuellen Öffnung de Tumba, weil es verschiedene Quellen und Fotos gibt, die den Zustand der Tumba zu unterschiedlichen Zeiten zeigen. Das älteste Foto stammt vom 1. Landeskonservator von Westfalen Albert Ludorff. Er hat es 1889 aufgenommen. Es zeigt die Tumba mit den beiden Liegefiguren in der nordöstlichen Ecke des Seitenschiffs. Dort war die Tumba 1864 im Zuge der großen Kirchenrenovierung aufgestellt worden. Ob der Kopfnischensarkophag damals in der Tumba war oder - wie Pläne vermuten lassen -mittig vor dem Chor aufgebaut war, ist ebenso wenig bekannt, wie die Frage wo, die Tumba nach 1804 gestanden hat.
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