Lorscher Arzneibuch und Himmelsscheibe von Nebra sind Dokumentenerbe
Insgesamt wurden 54 Dokumente aus 40 Ländern neu in das UNESCO-Weltregister des Dokumentenerbes aufgenommen. Damit folgte Generaldirektorin Irina Bokova der Empfehlung des Internationalen Komitees »Memory of the World«, das vom 18. bis 21. Juni im südkoreanischen Gwangju tagt.
Die Himmelsscheibe von Nebra
Die Himmelsscheibe wurde vor etwa 3.600 Jahren auf dem Mittelberg bei Nebra in Sachsen-Anhalt vergraben und zeugt von einem außergewöhnlich großen Verständnis für die Astronomie in einer schriftlosen Zeit. »Die Himmelsscheibe ist ein Beleg dafür, dass die Menschen in der Bronzezeit über exaktes Wissen kosmischer Zusammenhänge verfügten. Vor ihrer Entdeckung ließen bisher nur monumentale Errichtungen wie Stonehenge verschlüsselte Rückschlüsse auf frühes Wissen zu«, sagt Professor Joachim-Felix Leonhard, Vorsitzender des Deutschen Nominierungskomitees »Memory of the World«. Entdeckt wurde die goldverzierte Bronzescheibe 1999 bei einer Raubgrabung. Seit ihrer Sicherstellung ist die 32 Zentimeter große Himmelsscheibe im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle zu sehen.
Das Lorscher Arzneibuch
Das Arzneibuch des Klosters Lorsch entstand um 795 bei Worms während der Herrschaft Karls des Großen. Es ist ein bedeutendes Zeugnis der mittelalterlichen Klostermedizin und besteht aus rund 500 zum Teil antiken Rezepten zur Kräuterheilkunde. »Das Lorscher Arzneibuch ergänzt die herausragenden medizinischen Handschriften, die bereits aus Korea, der Türkei, Aserbaidschan, Indien und China in das Gedächtnis der Menschheit aufgenommen wurden. Gemeinsam bilden sie ein einzigartiges Ensemble von Zeugnissen der Heilkunst und des wissenschaftlichen Fortschritts verschiedener Kulturen dieser Welt«, sagt Joachim-Felix Leonhard. Die Verfasser des Arzneibuchs verteidigten die Heilkunde in der Einleitung nachdrücklich gegen Kritiker, die das Heilen seinerzeit als Eingriff in die Pläne Gottes sahen. Das 150 Seiten umfassende Werk befindet sich heute in der Staatsbibliothek Bamberg.
Goldene Bulle und Schriften von Karl Marx
Die Schriften von Karl Marx wurden in das UNESCO-Dokumentenerbe aufgenommen, weil diese weltweit einen großen Einfluss auf soziale Bewegungen hatten. Das Manifest der Kommunistischen Partei von 1848 und der erste Band des Kapitals von 1867 wurden in fast allen Sprachen weltweit veröffentlicht. Vom kommunistischen Manifest exisitiert heute noch eine handschriftliche Seite, die in einem Amsterdamer Archiv lagert, ebenso die von Karl Marx persönlich kommentierte Ausgabe des ersten Bands des Kapitals. Die Goldene Bulle von 1356 war das wichtigste Verfassungsdokument des Heiligen Römischen Reiches bis zu dessen Ende im Jahr 1806. Es legte in lateinischer Sprache das Verfahren der deutschen Königswahl fest und war auf Initiative des römisch-deutschen Kaisers Karl IV. entstanden. Alle sieben Originalexemplare befinden sich in deutschen und österreichischen Archiven.
Das »Gedächtnis der Menschheit«
Seit 1992 sichert die UNESCO mit einem globalen digitalen Netzwerk den Erhalt historisch bedeutsamer Dokumente vor dem Vergessen. Es umfasst nun 299 Dokumente aus allen Weltregionen. Deutschland ist im Register jetzt mit 17 Einträgen vertreten, darunter mit der Gutenberg-Bibel, Beethovens Neunter Symphonie und dem Nibelungenlied. Die Herkunftsländer verpflichten sich, für die Erhaltung und Verfügbarkeit des jeweiligen Dokumentenerbes zu sorgen. Alle zwei Jahre kann jeder UNESCO-Mitgliedstaat zwei Vorschläge zur Aufnahme in das »Gedächtnis der Menschheit« einreichen.
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