Landwirt hilft, seinen Berufskollegen aus der Jungsteinzeit auf die Spur zu kommen
Für den Archäologen sind die Hinweise klar: »Glatt zugeschliffene Flächen, scharfe Schneiden und ungewöhnliche Rohmaterialien wie Feuerstein wecken sofort unsere Aufmerksamkeit«, erläutert Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der LWL-Archäologie in Olpe. Es seien die ersten sicheren Hinweise darauf, dass hier Menschen ihre Hände bei der Bearbeitung der Steine im Spiel hatten, um sie als Werkzeuge zu nutzen.
Auch Georg Laurenz hat längst einen sicheren Blick für das, was seine beruflichen Vorgänger auf den Äckern und Feldern hinterlassen haben, die er heute in Werne-Stockum und im angrenzenden Bockum-Hövel auf dem Gebiet der Stadt Hamm mit deutlich moderneren Hilfsmitteln beackert. Er sammelt die Relikte der »Kollegen« für den noch fachkundigeren Blick der Archäologen.
Seine Suche war sehr zielsicher, wie sich jetzt herausstellte. Seine Sammlung enthält zahlreiche Stücke, die aus jüngeren Abschnitten der Jungsteinzeit stammen - einer Epoche, die bei den Archäologen Neolithikum heißt. In dieser Zeit gingen die Menschen in der Region dazu über, die Flächen auch landwirtschaftlich zu nutzen. Die Besonderheit: Sie stellten ihre Werkzeuge auch aus Materialien hier, die importiert werden mussten. So sind auch die Fundstücke von Georg Laurenz zum Teil aus Feuerstein hergestellt, der nicht dem in der Region vorkommenden eiszeitlichen Geschiebefeuerstein entspricht. »Das Material stammt aus Bergwerken aus den Niederlanden und aus Belgien«, weiß Baales. Hier wurden die Steine vor etwa 6.000 bis 5.000 Jahren aus tiefen Schachtanlagen »bergfrisch« zu Tage gefördert. Daraus stellten versierte Handwerker anschließend Beilklingen her. »Die Endprodukte sind in vielen Regionen Europas zu finden - so auch in Westfalen«, erläutert der Archäologe. Das kleinste Stück aus der Fundsammlung lässt sich dabei eindeutig dem Feuersteinbergwerk von Rijckholt in den südlichen Niederlanden zuordnen, 200 Kilometer von Westfalen entfernt.
Aus Skandinavien stammt das größte und in seiner Form auch auffälligste Exemplar aus schwerem, dunklem Basalt. Zumindest ursprünglich, auch wenn gewaltige Kräfte das Gestein in die Region befördert haben. Es stammt womöglich aus einem Geschiebeblock, den die eiszeitlichen Gletscher hierher beförderten. Bei dieser Beilklinge könnte sich also um eine einheimische »Produktion« handeln. Von der Partie der Schneide ist deutlich ein Zapfen abgesetzt, der wiederum in einem hölzernen Schaft befestigt war. Die Archäologen bezeichnen das Stück als »Schweres Absatzbeil«, das typisch für die frühe Endphase der Jungsteinzeit vor etwa 4.600 Jahren ist.
Diese Werkzeuge werden selten in der Region entdeckt. »Umso schöner, dass es nunmehr mit diesem Exemplar einen weiteren Fundpunkt in Westfalen gibt«, freut sich Baales. »Solche Funde geben uns wichtige Hinweise auf Siedlungsplätze, deren Reste im Boden noch erhalten sind.« Er hoffe deshalb darauf, dass dieses Beispiel Schule macht und auch andere Heimatforscher motiviere, ihre Schätze den Archäologen zu zeigen. Dabei müsse niemand befürchten, die Funde zu verlieren. Baales: »Nachdem sie gezeichnet sind und fotografisch dokumentiert werden, erhalten die Finder sie wieder zurück.« So auch in diesem Fall.
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