Jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Gräber bei Harsleben entdeckt
Im Vorfeld des Neubaus der Ortsumgehung der B79 bei Harsleben (Landkreis Harz) finden derzeit archäologische Untersuchungen durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie statt. Die Trasse der Ortsumgehung, ausgeführt durch den Landesstraßenbaubetrieb Sachsen-Anhalt (LSBB), verläuft in nord-südlicher Richtung zwischen Halberstadt und Harsleben auf einer Länge von 7,6 km. Entlang dieser Strecke erfolgen auf dem Trassenkorridor auf einer Breite von ca. 30 m die heute vorgestellten Ausgrabungen.
Bereits im Herbst 2015 fanden erste Geändearbeiten statt. Im Juli 2016 begannen die gezielten Ausgrabungsmaßnahmen an 18 verschiedenen Fundstellen, die als bedeutsame Bereiche innerhalb der Trasse identifiziert wurden. Die Untersuchungsfläche beträgt insgesamt ca. 85.000 m². Die Ausgrabungen werden bis voraussichtlich Mitte August 2017 andauern, derzeit finden die Arbeiten mit 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den letzten beiden Teilflächen der Fundstellen 10 und 11 statt. Die Projektleitung obliegt Dr. Susanne Friederich und Johanna Kleinecke, die örtliche Grabungsleitung Ulrike Fuhrmann, Melanie Weber und Michael Schmitz.
Bei den Fundstellen handelt es sich um einen Bestattungsplatz der ausgehenden Jungsteinzeit und der anschließenden Frühbronzezeit. Die Funde und Befunde zeigen eine wiederholte Nutzung des Areals als Begräbnisstätte über einen Zeitraum von mindestens 1.000 Jahren hinweg. Im südlichen Bereich der Ausgrabungsfläche wurden bisher sechs Gräber aufdeckt.
Bei der ältesten Bestattung handelt es sich um ein Grab der jungsteinzeitlichen Glockenbecherkultur (2.800 bis 2.200 v. Chr.). Diese Kultur ist nach einem für sie typischen Keramikgefäß benannt, dessen Umriss an eine Glocke erinnert. Die Glockenbecherkultur ist aus dem ganzen westlichen Europa bekannt und erreichte im Raum Sachsen-Anhalt ihre östlichste Ausdehnung.
Eine weitere Bestattung stammt aus der Frühbronzezeit und ist der Aunjetitzer Kultur (2.200 bis 1.800 v. Chr.) zuzuordnen. Diese Kultur ist nach dem ersten Fundort der für sie typischen Hinterlassenschaften benannt, der tschechischen Gemeinde Únětice nördlich von Prag. Aufgefunden wurde ein sogenanntes Steinpackungsgrab. Hierbei wurde der Grabraum sargähnlich aus Feldsteinen gebildet. Der oder die Tote wurde so bestattet, dass der Kopf im Süden lag und damit das Grab Süd-Nord-gerichtet war. Der Blick der bestatteten Person ging nach Osten. Am Kopf befand sich – abgedeckt von einem Stein – eine sogenannte Aunjetitzer Tasse, das typische Keramikgefäß der Aunjetitzer Kultur.
Die restlichen vier aufdeckten Gräber können bisher zeitlich nicht genau angesprochen werden, eine Datierung in den Zeitraum der beiden ausführlich vorgestellten Gräber ist jedoch sehr wahrscheinlich.
Die gesamte Begräbnisstätte befindet sich auf einer leicht exponierten Lage im Gelände und tritt damit in Beziehung zu einem weiteren Gräberareal in der direkten Umgebung. Ungefähr 750 m entfernt wurde in Sichtweite in einer ähnlich exponierten Lage ein ganzes Gräberfeld der Aunjetitzer Kultur mit gleich mehreren Steinpackungsgräbern entdeckt.
An den beiden Fundstellen ließen sich zudem noch weitere Befunde entdecken. In bisher drei Bereichen konnten mehrere prähistorische Gräben aufgedeckt werden. Diese bestehen aus Systemen mit 2 bis 3 parallelen Einzelgräben. Aus dem mittleren Grabenkomplex, dicht am heutigen Feldweg gelegen, wurden bislang mehrere Steinwerkzeuge wie eine Axt, Klingen und Abschläge aus Feuerstein geborgen. Weder die exakte Datierung noch die genaue Funktion der Gräben lässt sich momentan benennen. Dies und der jeweilige Verlauf der Gräben wird sich mit dem Fortschritt der Ausgrabung noch feststellen lassen.
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