Jungsteinzeitliche Siedlung bei Willebadessen wird ausgegraben
Seit Mitte August leitet die Westfälische-Wilhelms-Universität Münster in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eine Lehrgrabung mit acht Studierenden in Willebadessen. Im Rahmen der sechswöchigen Ausgrabung legten sie die Überreste einer Siedlung aus dem Beginn der Jungsteinzeit vor über 7.000 Jahren frei. In dieser Epoche wurden die ersten Menschen in Europa sesshaft und begannen, Häuser zu errichten und Ackerbau zu betreiben.
»Die Position der Siedlung konnte bereits 2016 durch Luftbilder und geophysikalische Untersuchungen erfasst werden«, erklärt LWL-Chefarchäologe Prof. Dr. Michael Rind. »Die archäologischen Strukturen der einzelnen Hausstellen und der die Siedlung umgebenden Gräben waren dabei einwandfrei zu erkennen.« Große Grabenanlagen von teilweise mehreren hundert Metern Durchmesser treten in der Jungsteinzeit häufiger auf. Die Archäologen graben jetzt in einem Bereich, in dem sich ein Hausgrundriss und einer der Graben überlagern.
Bei der aktuellen Lehrgrabung wurde nun ein vollständiger Hausgrundriss freigelegt. Dieses Haus von 25 Metern Länge und 7 Metern Breite ist typisch für die ersten Bauern der Jungsteinzeit, die aufgrund der charakteristischen Verzierung auf ihrer Keramik Linearbandkeramik genannt wird. Das Haus hatte eine West-Ost-Ausrichtung mit leichter Abweichung nach Nordwest. Drei parallele Reihen aus massiven Holzpfosten trugen das Dach. Die Außenwände gründeten in 50 Zentimeter breiten Fundamentgräben.
»Der Fokus der derzeitigen Ausgrabung liegt auf der Datierung von Haus und dem großen Graben um herauszufinden, welche Struktur jüngeren Ursprungs ist«, erläutert Dr. Hans-Otto Pollmann von der LWL-Archäologie für Westfalen. »Errichteten die Menschen das Haus über einem zugeschütteten Graben oder wurde der Graben durch die Überreste eines Hauses gezogen und wenn ja, weshalb geschah dies?«
Hans Hermann Bluhm, Bürgermeister der Stadt Willebadessen unterstützt die Forschungen des LWL und der Universität Münster: »Für uns ist die Entdeckung und Erforschung dieser Siedlung aus der Steinzeit ein Glücksfall. Wieder einmal wird klar, dass wir in Willebadessen in einer außerordentlich reichen Kulturlandschaft leben, deren Wurzeln über 7.000 Jahre zurückreichen.«
Aus der Sicht der Bodendenkmalpflege zeigt sich im Warburger Raum ein geradezu verdichteter Siedlungsraum für diese früheste Epoche sesshafter Menschen in Westfalen. Für Dr. Sven Spiong, Leiter der Bielefelder Außenstelle der LWL-Archäologie, ist das gute Zusammenwirken verschiedener Institutionen bei der Erforschung dieser Region besonders erfolgreich: »Inzwischen kennen wir in Sichtweite des Desenbergs vier mehrperiodige, größere Siedlungen vom Beginn der Jungsteinzeit, drei davon waren zumindest zeitweise von einem Graben umgeben. Die guten Böden ermöglichten es damals, dass die Menschen bis zu 500 Jahre an derselben Stelle siedeln konnten - eine Siedlungskontinuität, die in Westfalen erst seit dem Frühmittelalter wieder übertroffen wird.«
Bereits wenige Wochen nachdem der Bagger den Oberboden abgeschoben hatte, sind die Ausgräber an der aktuellen Grabungsstelle fündig geworden: Abschläge aus Feuerstein, die damals wie Messer verwendet wurden und das Bruchstück eines Mahlsteines, auf dem das Getreide einst mühsam per Hand zu Mehl gemahlen wurde, konnten sie bereits bergen. Nun hoffen die Archäologen noch auf Knochen- und Holzkohlefunde, die mit Hilfe naturwissenschaftlicher Analysen verlässliche Datierungen ermöglichen.
Am Tag des offenen Denkmals am kommenden Sonntag (8.9.), erhalten Interessierte die Gelegenheit, den Stand der aktuellen Ausgrabungen zusammen mit Erläuterungen eines LWL-Archäologen zu besichtigen. Um 11 Uhr führt Dr. Hans-Otto Pollmann über die Grabung und um 15 Uhr Dr. Sven Spiong, Anfahrt über den Mühlenweg (immer geradeaus bis zum Ende) in 34439 Willebadessen. Alternativ von der K37 abbiegen und zum auf der beigefügten Karte angegebenen Treffpunkt fahren.
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