Erste Ergebnisse zu neuen archäologischen Entdeckungen im Oberen Vinschgau
Leo Andergassen, Direktor der Landesabteilung Denkmalpflege, Catrin Marzoli, Direktorin des Landesamtes für Bodendenkmäler, Zoneninspektor Hubert Steiner sowie Gerald Grabherr vom Institut für Archäologie der Universität Innsbruck gaben heute beim Paulihof in Mals/Malles Venosta Einblick in die Grabungen im Rahmen des Forschungsprojekts "Die Römerzeit im Oberen Vinschgau".
Begonnen hatte alles mit der Errichtung eines Beregnungssystems auf der Malser Haide im Jahr 2008, bei der das Landesamt für Bodendenkmäler eine systematische Baubegleitung durchführte. Im Zuge der Arbeiten kamen drei römerzeitliche Siedlungen zum Vorschein: eine unterhalb des Haidersees, eine westlich von Laatsch am Eingang ins Münstertal sowie eine weitere beim Paulihof in Mals. Alle Fundstellen befinden sich an der Via Claudia Augusta, einer der wichtigsten Verbindungsstrecken über die Alpen.
"Die große Bedeutung dieser Fundstellen liegt vor allem darin, dass erstmals archäologische Strukturen freigelegt werden konnten. Man weiß seit längerem, dass die Via Claudia Augusta durch den Vinschgau verlief und ihr entlang zahlreiche Siedlungen bestanden haben, bisher wurden jedoch nur archäologische Einzelfunde und nicht ganze Gebäudereste entdeckt", unterstrich Catrin Marzoli, Direktorin des Landesamtes für Bodendenkmäler bei der Pressekonferenz.
Aus diesem Grund wurde am Institut für Archäologie der Universität Innsbruck ein eigenes Forschungsprojekt ausgearbeitet, das den Titel "Die Römerzeit im Oberen Vinschgau. Ein Beitrag zur Siedlungstopographie einer alpinen Gebirgsregion" trägt und von der Landesabteilung Bildungsförderung, Universität und Forschung finanziert wird. Ziel des von Gerald Grabherr geleiteten und vor Ort von Stefan Leitner betreuten Projektes ist es, in Kooperation mit dem Landesamt für Bodendenkmäler die römerzeitlichen Funde auszuwerten und die neu entdeckte Siedlung am Paulihof in mehreren Grabungskampagnen zu untersuchen.
"Das Projekt", erklärt Amtsdirektorin Marzoli, "läuft insgesamt über drei Jahre. Gestartet wurden die archäologischen Ausgrabungen im Juni dieses Jahres. Dabei konnten Teile eines ländlichen Gutshofes, einer so genannten villa rustica, freigelegt werden." Die Funde würden dafür sprechen, so Marzoli weiter, dass der Gutshof am Ende des ersten Jahrhunderts nach Christus errichtet wurde. Zu Beginn des dritten Jahrhunderts nach Christus wurde der Hof aus noch unbekannten Gründen verlassen. In geringem Umfang hat man den Platz noch in der Spätantike (4. Jh. n. Chr.) aufgesucht. Im Frühen Mittelalter wurden in den aufgelassenen römischen Gebäuderesten mehrere Gräber angelegt. Das reichhaltige Fundmaterial, darunter Münzen, Fibeln, Teile von Gefäßen aus Keramik oder Speckstein, spiegelt das typische Fundspektrum einer ländlichen Siedlung wider. Zahlreiche Fragmente eines römischen Tafelgeschirrs ("Terra Sigillata") weisen auf überregionale Handelskontakte zu Töpferwerkstätten in Südfrankreich hin. 2012 werden die Grabungen in Mals Richtung St. Benediktkirche fortgesetzt.
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